Budapest Régiségei 36. (2002) – In memoriam Rózsa Kalicz-Schreiber (1929-2001)
Szilas Gábor: Die Freilegung eines bronzezeitlichen Brunnens speziellen Typs in Dunakeszi = Egy egyedi típusú bronzkori kút feltárása Dunakeszin 291-303
BUDAPEST RÉGISÉGEI XXXVI. 2002. GÁBOR SZILAS DIE FREILEGUNG EINES BRONZEZEITLICHEN BRUNNENS SPEZIELLEN TYPS IN DUNAKESZI Die Freilegung von urzeitlichen ausgekleideten und nicht ausgekleideten Brunnen gilt bis zum heutigen Tag als Seltenheit. Einer der Gründe dafür ist, dass die Aspekte der Auswahl der Stelle dieser Objekte - obwohl sie in der Siedlung von besonderer Bedeutung waren - mit denen anderer, einen trockeneren Boden beanspruchender Objekte (Häuser, Speichergruben, Wirtschaftsgebäude, Pferche usw.) nicht identisch waren. Die Stelle der Brunnen wurde von hydrogeologischen Gesichtspunkten bestimmt, ihr mühsames Anlegen bzw ihre lebenswichtige Rolle erforderten große Aufmerksamkeit. Daher findet man sie in vielen Fällen nicht in den besser erforschten, zentralen, sich über die Umgebung erhebenden Teilen der Siedlungen, sondern in deren peripherer Zone, wo der Grundwasserspiegel höher war. Ihre Zahl nahm erst im Laufe der großflächigen Ausgrabungen des vorigen Jahrzehnts zu. Sie sind wichtig, weil man im Falle einer sachgemäßen Freilegung ziemlich viele Informationen aus ihnen gewinnen kann und weil sie wegen ihrer Größe ein reiches, gegebenenfalls speziell zur Wasserschöpfung dienendes archäologisches Material liefern. Darüber hinaus kann der Brauch der zeitgenössischen Brunnenschachtsauskleidung sowie - bei der Untersuchung der in den Schacht gefallenen sonstigen Zubehörteile - der eingestürzte Aufbau des Brunnens und im Glücksfall die Konstruktion der Wasserhebevorrichtung beobachtet werden. Aus den Arten der Brunnenauskleidung - Bretter-, geflochtene usw Konstruktionen - kann man auf die Bautechnik der sonstigen, heute spurlos verschwundenen, ebenerdigen Bauten (Häuser, Wirtschaftsgebäude, Umfriedungen, usw.) der Siedlungen schließen. Das in den Brunnen zum Vorschein gelangende Fundmaterial, d. h. die Verfüllerde, das Holzmaterial und die sonstigen gut konservierten organischen Reste, können nicht zuletzt Gegenstand naturwissenschaftlicher Untersuchungen sein. 1 Bedauerlicherweise erschien bislang nur die detaillierte Analyse eines einzigen urzeitlichen Brunnens, 2 obwohl die Veröffentlichung der bei ihrer Bearbeitung erhaltbaren reichen Informationen in möglichst kurzer Zeit eine dringende Aufgabe ist. 1 Diesmal weisen wir nur auf einen speziellen Vorteil dieser Untersuchungen hin. Bei mehreren Brunnen wären die genaue Bauzeit dieser Objekte und ihr Nacheinander aufgrund der hier erworbenen Jahrringprobereihen feststellbar, was hinsichtlich der Siedlungsgeschichte außergewöhnlich bedeutsam wäre. NATURGEOGRAPHISCHE VERHÄLTNISSE Im Sommer 2000 legten die Mitarbeiter der Abteilung für Urgeschichte und Völkerwanderungszeit des Budapester Historischen Museums, die Denkmäler anderer Epochen ausgenommen, auf einer annähernd 6,5 ha großen Hache eine Siedlung der bronzezeitlichen Hügelgräberkultur frei. 3 Das Zentrum der Siedlung (Pfostenbauten, Speichergruben, usw) befindet sich auf einer von der Donau gebildeten, NNO-SSW ausgerichteten Insel. Auch die im Osten daran grenzende, niedriger gelegene, sumpfige Zone gehörte dazu. Dieses tiefere, früher durch einen uralten Donauarm ausgetiefte Terrain liegt heute im Vorraum des Óceán-árok genannten Hussbetts. 4 Nach den archäologischen Beobachtungen könnte dieses Gebiet in der Bronzezeit ein von den Betten früherer, bis dahin aber angefüllter Bäche durchwobenes Areal gewesen sein, in dem die archäologischen Erscheinungen sehr intensiv zu beobachten waren. Einerseits wurden hier gewaltige Lehmund Abf allgruben mit sehr reichem Siedlungsmaterial vorgefunden (Objekte 82, 145 usw.), andererseits hatten die oben erwähnten angefüllten Bachbetten wie auch heute noch - wegen der in der unmittelbarer Nähe fließenden Donau gewiss ein hohes Grundwasserniveau. Dadurch bot sich eine günstige Möglichkeit auch zur Wassergewinnung. 5 Da wir nur das Baugelände des heutigen Warenhauses freilegen durften, konnte von dem besagten sumpfigen Terrain kaum ein 10 m breiter und 350 m langer Streifen am Hügelrücken erschlossen werden. In dieser Zone konnten wir einen Abschnitt des Bettes parallel zum Kamm des Hügelrückens erfassen, in dem an drei Stellen insgesamt vier Brunnen in einem Abstand von etwa 100 m und westlich davon ein anderer bronzezeitlicher Brunnen mit bretterverschal2 MATUZ-SZABÓ-VADAY 1998. 41-53. Man muß gleichzeitig aber bemerken, daß die römerzeitlichen und mittelalterlichen Brunnen viel besser erforscht sind, obwohl manche von ihnen schon aus Ziegeln oder Steinen gebaut wurden. Die zusammenfassende Auswertung der mittelalterlichen Brunnen stammt von Á. Nagy: NAGY 1999. 3 HORVÁTH L. A.-SZILAS-ENDRŐDI-HORVÁTH M. A. 2001. 4 Mündliche Mitteilung von Dr. Ferenc Schweitzer (Geographisches Forschungsinstitut der Ungarische Akademie der Wissenschaffen). 5 An der Ausgrabung fanden wir, daß der Grundwasserspiegel, der Anfang Juni wahrscheinlich niedriger ist als im allgemeinen, lag kaum 1-1,5 m tiefer als der einstige Gehboden. 291