Budapest Régiségei 35/1. (2002)

Ertel, Christine: Bestandteile von römischen Grabbauten im Aquincum-Museum : kleinformatige Säulenarchitekturen, Dachaufsätze und Skulpturenausstattung = Római sírépítmények elemei az Aquincumi Múzeumban : kisméretű oszlop- és oromdíszek, valamint a szoborkiképzés 181-219

BESTANDTEILE VON RÖMISCHEN GRABBAUTEN IM AQUINCUM-MUSEUM Löwen als Wächter vor Palast- und Stadttoren, Tempeln und Gräbern 155 ist bereits aus Babylon und Mykene bekannt. In Ägypten trat er als Tempelwächter auf, wo er als Sphinx zu einem Mischwesen aus Frau und Tier wurde und in langen Reihen die Zugänge zu den Tempeln bewachte. Ein rein dekorativer Charakter, wie er dem Löwen gelegentlich zugemessen wurde, 156 wird der Bedeutung dieser Figur nicht gerecht, immer­hin kommt aber der Aspekt der Beliebtheit und des häufigen Auftretens in dieser Meinung zum Ausdruck. Das meist nicht genau identifizierbare vom Löwen geschlagene Tier, auf dessen Kopf er noch die Pranke hält, findet als Eber, 157 Rind, 158 Esel 159 oder Widder 160 Erklärung. Der Eber störte die Arbeit Noahs an der Arche und wurde zur Strafe dafür von dem aus Noahs Blut entstandenen Löwen gefressen. 161 Der Kampf zwischen Löwe und Eber findet sich jedoch auch in den Fabeln Äsops und wurde schon in archai­scher Zeit gern dargestellt. 162 Als Grabwächter soEte der Löwe die Seelen der Verstorbenen gegen die Angriffe der Dämonen beschützen und war ein Symbol der Tapferkeit und Stärke. Zahlreiche rund­plastisch gearbeitete Löwen waren in antithetischen Gruppen vor der Attika des Tropaeum Traiani als Typ eines monumentalen Rundgrabes aufgestellt. 163 In der Vielzahl der Darstellungen und der sehr alten Schutzfunktion verkörpert der Löwe eine positive Macht. 164 Er ist edel und stolz, aber auch treu und zärtlich, wie die Sage von Androklos und dem Löwen zeigt. Fallweise werden ihm negative, aggressive Aspekte zugeschrieben. Der Löwe wurde mit dem Tod selbst identifiziert und verkörperte (angeblich) dessen Plötzlichkeit und Furchtbarkeit, 165 der das Beutetier aus dem Leben reißt wie der Tod den Verstorbenen aus dem Leben. Tatsächlich scheinen vor allem die auf den Vorderläufen kauernden Löwen sich zum Sprung vorzu­bereiten, S. Ferri bezeichnete die Pose als hundeartig 166 im Gegensatz zu den mehr katzenähnlichen Tieren ­Hunde werden sich jedoch kaum gegen ihren Herrn wenden. Tatsächlich werden Grablöwen gelegentlich mit Hunden verwechselt, 167 da sie wie Wachhunde vor den 155 RE 13.1, 983 f. 156 KUZSINSZKY 1908. 95. 157 ECKHART 1981 23. Nr. 13. 158 KUZSINSZKY 1934. 92. Nr. 20. Abb. 39; KRÜGER 1967. 36. Nr. 104. 159 HEGER 1975. 17. Nr. 17. "° SAVARIA 72. Kat.Nr. 194; ECKHART 1981. 24. Nr. 14. 161 RE 13.1,1926. 983. 162 KELLER 1909. 28. 163 STUDNICZKA 1904. 54. Fig. 8, 22; FERRI 1933. 281 Fig. 354. ,6i KELLER 1909. 24 ff. 165 ECKHART 1976. 76. Nr. 111A. 166 FERRI 1933. 272. 167 TIRELLI 1998. 173. Fig. 34. Grabbauten liegen. Die meisten Tiere - soweit der Erhaltungszustand diese Beurteilung gestattet - blicken indifferent wie die Beispiele aus Aquincum, wenn nicht sogar freundlich drein. 168 In dem abgeriebenen Gesicht des Löwen von Kremsmünster, 169 in dem kaum noch die Augenhöhlen zu unterscheiden sind, ist weder "wilde Aggression" noch 'die Schicksalsmaske des Todes" zu erkennen. Wenn schon die Bedeutung des plötzlichen Todes mit den Löwenfiguren verbunden sein sollte, dann war funktionsgemäß der Tod der anderen, der Gegner und bösen Mächte gemeint. Die aufwendige Ausstattung der Grabdenkmäler wurde von den Auftraggebern nicht finanziert, um ein Bild des Schreckens und der eigenen Bedrohung vor Augen zu haben, sondern um sich durch die Darstellung positiver Inhalte eine Waffe gegen diese zu schaffen. Auch in anderen Kunstgattungen folgte die Abbildung der Bildinhalte positiven, von den Auftraggebern definierten Zwecken. So sollte beispielsweise der kummervolle Ausdruck einiger realistischer Kaiserporträts des 3. Jhs., z. B. des Decius, keineswegs das drohende Chaos bekla­gen und Mitleid mit dem Geplagten hervorrufen, son­dern dessen entbehrungsvolle Anstrengungen im Dienste des Reiches und damit eine eindeutige positive Hinwendung zum Besseren und zum Fortschritt zum Ausdruck bringen. 170 Die meisten der in den Museen erhaltenen Löwenskulpturen können keinem bestimmten Grabmal mehr zugewiesen werden, noch weniger läßt sich fest­stellen, welchen Platz sie dort einnahmen. Auch bei den Funden aus Aquincum ist kein eindeutiger Zusammen­hang zu einer bestirranten Aufstellung mehr zu rekon­struieren. Die Fundorte Bécsi u., Donauufer, Bereich der spätrömischen Festung (Vöröskereszt u., Pfarramt Óbuda), Cserfa u. sind Bereiche, aus denen Gräberfelder bekannt sind bzw immer wieder Grabfunde zutage kamen. Auch in den neuen Ausgrabungen von A. Facsády und P Bertin waren die Steindenkrnäler wie der Aufsatz und die Löwenfragmente bereits disloziert. Einen Anhaltspunkt für die Aufstellungsweise der Lö­wenskulpturen geben die Sockelplatten, die bei den Löwen aus Aquincum trotz der teilweise massig wir­kenden Figuren nur zwischen 21 und 37 cm breit sind. Aus der langen und schmalen Form der Sockelplatten ergibt sich, daß sie am ehesten dazu geeignet erscheinen, um auf Mauerkronen oder einem Streifenfundament Aufstellung zu finden. Bei einer Ausgrabung im Gräberfeld der Zivilstadt von Carnuntum wurde eine Grabumfassung aufgedeckt, 171 vor deren Front zwei parallel zu dieser 168 KRÜCER 1967. Nr. 109, 110; 169 ECKHART 1981 23 f. Nr. 13. ,70 FmscHEN-ZANKER 1985. Nr. 110,131 ff, Taf. 135-137. 171 ERTEL-GASSNER-JILEK-STIGLITZ 1999. Grab 174. 179 f. Taf. 18, 88. 205

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