Budapest Régiségei 33. (1999)
TANULMÁNYOK - Ertel, Christine: Konstruktive Bauteile von römischen Grabbauten im Aquincum-Museum = Az Aquincumi Múzeum római sírépítményeinek konstruktív építőelemei 197-241
Die hochrechteckigen Platten mit Breiten zwischen ca. 40 und 65 cm stellen vermutlich Seitenreliefs der Sockelzone von Grabädiculen dar. An der mit 111 cm breitesten Platte (2.3, „Venus") sind die Pilaster bereits mitgearbeitet, sodaß hier mit der Breite des Stückes bereits die Tiefe der Ädiculazelle eines Grabbaus gegeben ist. Die anderen Stücke waren - soweit der Erhaltungszustand dies erkennen ließ - mit anschließenden Steinen verklammert. Auch bei der Platte 2.13 sind die Pilaster bereits enthalten. Diese kleinere Ädicula war nur 65 cm tief. Diese schmälere Form, bei der zwischen den Pilastern nur ein schmaler Streifen für ein Relief mit einer Figur oder einem vegetabilen Ornament bleibt, kommt bei den Ädiculaplatten aus Intercisa sehr häufig vor 67 und wurde vermutlich von prostylen Säulen ergänzt. Bei den Maßen für die Plattenstärken fällt auf, daß sich die Dicke der Steinplatten nach ihren Größen richtet. Die größte Platte des Phamos (2.17) ist mit 30 cm auch die dickste, die schmälste Seitenplatte mit dem Genius (2.11) mit 18 cm Stärke auch die dünnste. Der Materialeinsatz wurde offensichtlich gut geplant. Dekorative und mythologische Inhalte Wie schon bei den Ecksteinen können auch hier bei den Reliefs solche mit narrativen Szenen, figürlichen Einzelszenen und dekorativen Motiven unterschieden werden. Aus einer längeren Szenenfolge stammt wohl das Relief mit Priamos vor Achilles und Odysseus mit Eurykleia. Das anspruchsvolle Bild aus dem Sagenkreis um den Trojanischen Krieg wurde wahrscheinlich durch andere Szenen ergänzt, z. B. mit der Schleifung Hektors, die im Ungarischen Nationalmuseum mit zwei Exemplaren 68 und auch in Noricum mit einem berühmten Relief in Maria Saal 69 vertreten ist. Auch die Szene mit Odysseus und Eurykleia schließt an diesen Sagenkreis an und stellt das letzte Bild aus einer Szenenfolge dar, da Odysseus bereits wieder zu Hause angekommen ist. Die Verwendung dieser Inhalte brachten dem Eigentümer des Grabmals wohl ein besonderes Prestige ein, denn er konnte damit belegen, daß er Kenntnisse in griechischer Geschichte und damit allgemein einen sehr hohen Bildungsstand besaß. An der Grabädicula der Spectatii Prisciani in Sempeter wird in drei Szenen die Geschichte der Entrückung und Flucht der Iphigenie erzählt. 70 Ein weiterer ergiebiger Stoff für Fortsetzungsgeschichten waren die Heldentaten des Herkules, wie die Reliefs mit Herkules und Alkestis in Győr, 71 auf einem Grabstein in Magyaróvár 72 und einer Ädiculawand im Ungarischen Nationalmuseum," Herkules und Hesione 74 und Herkules und die Hesperiden. 75 Die Ennierädicula in Sempeter dagegen bietet keine solche Bildergeschichte. Hier gesellen sich zum Relief der Europa auf dem Stier auf den Nebenseiten die Szenen von Ganymed mit dem Adler und einer Satyr/Mänade-Gruppe 76 (Abb. 4, 5). Das dekorative Motiv der aus einem Kantharos wachsenden Weinranken kommt viermal vor, dreimal auf rechteckigen Wandplatten und auch über den Bogenplatten 2.14 und 2.15. Dies deutet darauf hin, daß dieses Motiv sehr beliebt war. Der dem dionysischen Gedankenkreis zuzuordnende Weinstock symbolisierte die Hoffnung auf ein glückliches Weiterleben im Jenseits. Tatsächlich finden sich Weinranken vor allem im Osten 77 und Süden der Provinz Pannonién an sehr vielen Grabdenkmälern in allen denkbaren Positionen. An der Grabädicula der Ennii in Sempeter sind die Eckelemente des Sockelgeschosses zu beiden Seiten des Reliefs der Europa auf dem Stier mit Weinranken verziert 78 (Abb. 4). Im Stadtgebiet von Teurnia kamen mehrere Denkmäler mit dem „Lebensbaummotiv" zum Vorschein, darunter eine besonders schöne Reliefplatte mit traubenpickenden Vögeln und gegen Schlangen kämpfenden Reihern. 79 Den Weinreben kam jedoch eine Position zweiter Klasse zu. Sie waren ein rahmendes, füllendes, schmückendes Motiv, geeignet vor allem für Zwischenbilder und Rahmungen von Grabstelen und Seitenwänden von Ädiculen. Auf den Ädiculawänden von Intercisa ranken die Weinreben wie auch der gleichbedeutende Efeu in dem schmalen Reliefstreifen zwischen den Pilastern der Seitenwände auf" und schmücken die Seitenflächen von Ecksteinen.' 1 " Seitenflächen und die Nebenbilder zu beiden Seiten der Inschrift auf der Frontseite von Sarkophagen sind ebenfalls geeignete Positionen für Weinranken. 82 Die Wandplatten 2.1 und 2.19 aus Aquincum dienten an Grabädiculen vielleicht als Mittelplatten auf den Seitenwänden der Sockelzone. Ihre Höhen mit 118 bzw. 114 cm entspricht der Höhe der 3. Gruppe der Eckpfeiler und kann als Geschoßhöhe eines Sockel- oder Urnengeschosses einer Ädicula angesehen werden. Ihre Breiten um 60 cm ergab mit den beiden zu ergänzenden Ecksteinen eine Ädiculatiefe von 1,60 m Tiefe. Mit dem Relief der Leda (2.2) wird ein pikantes erotisches Thema aufgenommen, das noch reizvoller wirkte als die Mänaden (2.3, 1.19). Vergleichsbeispiele zu diesem Stück in Noricum und im Mittelmeerraum wurden von E. DIEZ zusammengefaßt. 83 Dieses Motiv findet auch auf Sarkophagen Verwendung. 84 Venus erscheint auf einer Ädiculaseitenwand aus Intercisa 85 und aus Bölcske, 86 wo sie in der gleichen Frontalansicht, allerdings gemildert durch eine Differenzierung von Stand- und Spielbein, mit Spiegel (Intercisa) und sich ins Haar greifend in typischerer Pose gezeigt wird. Die Ädiculawand aus Aquincum mit der wohl eher als Mänade anzusprechenden Figur ist breiter und gestattet ihr das Schleierspiel mit ausgebreiteten Armen. Auch die Pilaster mit drei breiten, oben von Halbkreisen abgeschlossenen Känneluren sind aufwendig gestaltet. In allen drei Fällen ähnlich ist der auf Konsolen gelagerte Rundbogen über dem Relief. Vergleichbare Figuren sind meist weniger frontal dargestellt als auf der Wandplatte aus Aquincum, wie eine andere Mänade im schrägen Dreiviertel-Rückenakt aus der Kiscelli út zeigt. 87 Mänaden in ähnlicher Pose, aber mit dem hinter der Figur aufgeblähten Schleier finden sich auf zwei Reliefs in Seggau. 88 Die opfernde Frau auf der Platte 2.9 ist wohl als Dienerin zu verstehen. Die meisten bekannten Typen von Dienerinnen, die eine Hand mit einem Gegenstand 209