Budapest Régiségei 30. (1993)

Harl, Ortolf: Die Stellung der Frau bei den einheimischen Stämmen Nordpannoniens : eine sozial- und kunstgeschichtliche Studie = A nő helyzete Észak-Pannónia bennszülött törzseinél 7-37

flavischen Munizipiums Solva bei Erdarbeiten durch einen Metallsucher gefunden und von E. Römer-Mar­tijnse auf vorbildliche Weise veröffentlicht wurden. Aus den kurzen Texten läßt sich erschließen, daß die Etiketten zur Kennzeichnung von Textilwaren und ins­besondere von Personen dienten, die für ihre Klei­dungsstücke eine Walkerei/Färberei benötigten. Auf Grund der hervorragenden Dokumtentation von Frau Römer-Martijnse gelang es G. Alföldy, einen Gutteil der äußerst schwer zu entziffernden Texte neu zu le­sen und das Namenmaterial erneut zu sichten. Nun gibt es (bei einigen Mehrfachnennungen) 51 einheimi­sche Personennamen, denen 74 lateinische Namen ge­genüberstehen. Gut entsprechen die Kalsdorfer Na­men dem Spektrum der aus Noricum bekannten einheimisch - keltischen sowie lateinisch - römischen Namen. Diese stehen fast immer im Nominativ, in ei­nigen Fällen auch im Genetiv, um den Hersteller als auch den Eigentümers der Textilien zu kennzeichnen. Die meisten dieser Personen führen nur einen Namen und waren daher - so Alföldy überzeugend - Peregri­ne. Sklaven geben dagegen stets ihren Eigentümer an und zwar mit dessen nomen simplex, wenn dieser ein Peregriner war, und mit den tria nomina, wenn der Herr ein römischer Bürger war, was aber nur zweimal vorkommt. Neunzehn Namen einheimisch-keltischen Charakters führen eine Filiation, was nach Alföldy nicht den gesellschaftlichen Status der Kunden be­zeichnete, sondern lediglich einer Unterscheidung von Kunden mit gleichem Namen diente. Wäre dem so, dann müßten auf den kalsdorfer Bleietiketten gerade die gängigen einheimischen Namen bzw. jene Namen, die mehrmals vorkommen, eine Filitation besitzen und dann müßten gerade die kalsdorfer Namen mit Filia­tion zu den gängigsten einheimischen Namen gehören. Da beides nicht zutrifft, möchte ich im Gegensatz zu Alföldy annehmen, daß das kalsdorfer Namenmaterial die gesellschaftliche Schichtung des Kundkreises der Tuchmacherei/Walkerei spiegelt. Wenn man ferner davon ausgeht, daß das römische Kaisdorf wohl nur einen einzigen Betrieb dieser Art besessen hat, dann böten seine Kunden einen Querschnitt durch die Ge­sellschaft der Jahrzehnte zwischen 120 und 180 n. Chr. im Einzugsbereich dieses vicus. Genau an dieser Stelle lassen sich m. E. die kals­dorfer Bleietiketten mit den namenkundlichen Er­kenntnissen aus den Grabsteinen der Einheimischen Nordpannoniens gegenüberstellen. Die Namen aus vi­cus und Landbezirk Kaidorf führen uns nämlich eine Gesellschaftsstruktur vor Augen, die jener im Hinter­land des nordpannoischen Limes nicht unähnlich zu sein scheint und die sich, mit allen Gefahren die derlei Vergröberungen und Vereinfachungen enthalten, fol­gendermaßen darstellt: Einige wenige römische Bür­ger, eine mäßig große Gruppe von Leuten mit einhei­mischen Namen und Filiation, eine große Gruppe von Peregrinen mit keltischen, keltisch-römischen und rein römischen nomina simplicia sowie Sklaven, die Eigen­tümern mit einheimischen Namen gehören. Ich würde daher nicht zögern, diese Gesellschaftsstruktur auf die Besitzstruktur und die Verteilung der Wirtschaftsgü­ter im Einzugsbereich des vicus Kaisdorf umzulegen und als Arbeitshypothese davon auszugehen, daß Rö­mer und Einheimische mit Filiation die grundbesitzen­de Schicht darstellen und daß die Peregrinen entwe­der deren familia angehörten und auf deren Gütern lebten oder als Kleingewerbetreibende im vicus ansäs­sig waren. Die Sklaven mochten eher der ersteren Gruppe gehören. Ich glaube daher aus den kalsdorfer Bleietiketten zu erkennen, daß sich in Kaisdorf das gesellschaftliche Profil der späten Keltenzeit, das wir auch auf den nordpannonischen Grabsteinen kennenlernen, bis in die Zeit der Markomannenkriege erhalten hat. Zwar hat sich die alte Adelsgesellschaft aufgelöst und ihre Familien haben sich der Zentralmacht, die von den Statthaltern vertreten » wurde* unterwerfen müssen. Wenn sie auch an politischem Einfluß verloren haben, so konnten sie ihre landwirtschaftliche Grundlage er­halten und haben sich auf die Pflege ihrer Traditionen konzentriert. Dieser Wandel entspricht durchaus je­nem, der in der gleichen Zeit auch Rom selbst erfaßt 74 hat , wenn er nicht von Rom selbst ausgegangen ist, dessen autokratische Herrschaftsstruktur ihn provo­ziert hat. Einheimische als Eigentümer von Sklaven Eine solide materielle Grundlage einheimischer Ade­liger war Voraussetzung zu deren Förderung durch den Kaiser. Da der Reichtum der einheimischen Ade­ligen nur in Ausnahmefällen (wie z. B. bei T. Flavius Cobromarus, Nr. 4) zu fassen ist, muß nach anderen Kriterien gesucht werden. Ein - vielleicht nicht ganz unumstrittetenes - Indiz ist der Besitz von Sklaven. Auf der Suche nach Einheimischen Nordpannoniens, die Sklaven besessen oder freigelassen haben und so­mit vermögend oder gar reich gewesen sein könnten, stoßen wir auf folgende Beispiele : 1. Stele der Daeipora und der Hispana aus Wal­bersdorf, BH Mattersburg Zwischen Spiralsäulen Brustbilder zweier Frauen Daeipora Calaeti l(iberta) an(norum) XXC(et) Hispana Dextri serva an(norum) XXX h(ic) s(itae) s(unt). Petronius Domesticus etAmba­tusfratres matri et Ambati coniugi posuerunt SCHOBER Nr. 224; CSIR Scarb 10 2. Stele der Matugenta aus Mannersdorf am Leithagebirge, BH Bruck/L Brustbild einer Frau, stark beschädigt Matugenta Április f (ilia) an(norum) Illlverna­cla T(iti) F(lavii) Biturigis h(ic) s(ita) e(st). P(ater) f(iliae) p(osuit) CSIR Carn Nr. 363 Angesichts des kindlichen Alters des Mäd­chens und der Filiation wird vemacula kaum

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