Budapest Régiségei 17. (1956)

TANULMÁNYOK - Gerevich László: Buda szerepe a magyarországi gótikus építészetben és az európai stílusáramlatokban 45-72

in den Fensterdekorationen erhalten geblieben. Die Schlussfolgerungen des »Decorated«- oder des »Flamboyant«-Stils wurden jedoch von der ungarischen Gotik nicht gezogen. Fischblasen oder Flammen bleiben gegliedert, in ihrer Form verständlich, auch wenn sie architekto­nisch keine Bedeutung mehr haben. Jene letzte Phase der Gotik, in welcher das Bau­ornament seine architektonische Abstammung verleugnet und strukturfeindlich wird, hat sich — wie wir dies auch bei den Gewölben fest­stellten — in Ungarn nicht durchsetzen können. Diese hundertachtziggradige Wen­dung der architektonischen Wirkung, das Um­schlagen in ein grundsätzlich entgegengesetztes Extrem, beweist, dass die Gotik alle durch den Stil gegebenen Möglichkeiten erschöpft hat. Die Umgestaltung des gotischen Bau­elements kann in eine Parallele zur Raum­verbindung, bzw. auch zur Umgestaltung des gotischen Innenraums gestellt werden. Die basilikale Konstruktion, die Verwendung der Triforien setzt den Innenraum dem Spiel schar­fer Licht- und Schatten Wirkungen aus, der Ein­druck ist daher stark plastisch. Der Hallenraum, mit seiner verteilteren, beinahe »plein-air«-Licht­wirkung gewährt keinen plastischen Eindruck, vermittelt aber ein gesteigertes Raumerlebnis. Obwohl der Hallenraum die Vorbedingungen für die Renaissance geschaffen hat, erreicht er infolge seiner geringeren Licht- und Schatten­effekte nicht die den Renaissanceräumen eigene plastische Wirkung, welche sich hauptsächlich durch kräftige Gliederung der Seitenwände ergibt. Zu einer solchen Endphase der Stilauf­lösung kam es in Ungarn nicht, und so be­wahrte die gotische Baukunst Ungarns bis zum Ende einen Rest von der Kraft und Ernsthaftigkeit ihres Beginns. Wenn wir die Werke des Meisters I. Kassai, eines der grossen Vertreter unserer spätgotischen Baukunst be­trachten, werden wir ebenfalls der masshalten­den und konstruktiven Verwendung der Bau­elemente gewahr. Klar und übersichtlich bleibt die Konstruktion auch dann, wenn er — wie am Sakramentshaus von Kassa — die Eselsrücken nicht in einer Fläche hält, sondern in feinen Kurven abwandelt. Das Heraustreten aus der Fläche beweist ebenfalls, dass diese Formen schon lange keine architektonische Rolle mehr haben. In der Hauptsache verkörpert das auf eine achteckige, gewundene Säule gestellte Sakramentshaus von Bártfa denselben Gedan­ken und ist somit atektonisch. Auch die unga­rischen Baumeister der Gotik kannten diese Variante der europäischen gotischen Ent­wicklung, ohne sie aber, ausser an kleineren, ausgesprochen dekorativen Einzelheiten zu ver­wenden. So hat sich auch I. Kassai, im Gegen­satz zu den eben erwähnten, rein dekorativen Werken, bei grösseren Raumkompositionen — wie z. B. beim Gewölbe der Kirche von Bardejov (Bártfa—Bartfeld) oder in der Kro­merkapelle des Domes von Kosice (Kassa) — die­ser konstruktiven Spiele enthalten. Infolgedessen können wir feststellen, dass die ungarische goti­sche Baukunst der Verwendung der aus dem Verfall der Gotik stammenden irrationalen Konstruktion und Formen abhold war und bei der Anwendung klar übersichtlicher Bau­prinzipien verharrte. Wenn wir die gotische Baukunst Ungarns studieren, müssen wir noch auf eine weitere Eigenheit hinweisen, welche auch mit der Ausbildung der gotischen Chorformen in un­mittelbarem Zusammenhang steht : in der ungarischen Gotik kamen zentrale Bauwerke oder Räume — die so bezeichnend für die englische Gotik und ziemlich häufig in Frank­reich und sogar in Deutschland sind — kaum oder überhaupt nicht vor. Bemerkenswert ist, dass, während die Zentralbauten als Grab­kapellen oder Kirchen in der romanischen, ja sogar der spätromanischen Architektur beliebt sind, sie aber in der Gotik Ungarns nicht vorkommen. Wenn wir den Chor mit radial angelegten Kapellen auch als einen, den länglichen Raum abschliessenden Zentral­raum auffassen dürfen, so vereinfachen die polygonalen Apsiden in Ungarn auch diese Form nach Möglichkeit. Die Scheu, sich am Bau grösserer zentraler Räume zu versuchen, zeigt sich somit auch in der Ausbildung der gotischen Apsiden. Die Erklärung hiefür mag entweder auf die Unerfahrenheit der Meister in der Technik der verschiedenen Wölbungssysteme, bzw. auf das wenig entwickelte Strebesystem zurückzu­führen sein, oder — was für unsere ganze gotische Baukunst bezeichnend ist — im Streben nach Einfachheit und im Festhalten an der Form des Kreuzgewölbes liegen. Die Auflockerung, das komplizierte Ableiten von Druck und Schub, der Verzicht auf die konstruktive Rolle der Wände, gehörten nicht zu den Zielsetzungen unserer gotischen Architektur. Ausserdem hätte man die Stellen der ihrer tragenden und stützenden Funktion beraubten Wandflächen mit prächtigen Glasfenstern ausfüllen müssen, dieser Zweig des Kunstgewerbes war aber in Ungarn verhältnismässig unentwickelt, ob­gleich in mehreren Urkunden von Glaser­meistern und von Glasfenstern mit figuraler Darstellung die Rede ist. Statt der farbigen Glasfenster blieb die Freskomalerei das wich­tigste Mittel der Innenraumausschmückung. Die Eigenarten unserer Baukunst waren dem­nach von folgenschwerer Bedeutung für die Entwicklung unserer darstellenden Kunst und der einzelnen Kunstgattungen. Das Fest­halten der Wandfläche an ihrer primären Auf­gabe trug reichlich dazu bei, dass sich die Baukunst der Renaissance rasch und leicht verbreiten konnte, besteht doch auch die 70

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