Budapest Régiségei 16. (1955)

KRITIKA, KÖNYVISMERTETÉS - Szilágyi János: Hozzászólás a tudományos színvonalon álló, népszerű múzeumismertetések kérdéséhez 435-440

BUCHBESPRECHUNG E. SWOBODA, CARNUNTUM, SEINE GESCHICHTE UND SEINE DENKMÄLER (260 SEITEN, 20 ABBIL­DUNGEN IM TEXT, 1 KARTE, 52 TAFELN, 2 AUFLAGE. WIEN 1953. RÖMISCHE FORSCHUNGEN IN NIEDERÖSTERREICH, BAND I.) Da der unter demselben Titel erschienene Führer (1949) über die Forschungen in Carnuntum schon vergriffen war, übernahm es dieniederösterreichische Landesregierung, die volkstümliche Beschreibung in einer erweiterten Auflage erscheinen zu lassen. Der Grossteil des ergänzten Textes der 2. Auf­lage besteht aus den 75 Seiten Anmerkungen. Diese enthalten grösstenteils die Rechtfertigungen bzw. Beweise seiner Feststellungen, die mit den allgemein bestehenden Meinungen auseinander­gehen. E. S. bietet jedoch dem interessierten Publikum auch eine Aufzählung des Quellen­materials und der Literatur. Dieser kleingedruckte Abschnitt vereinigt in gelungener Form die wissen­schaftliche Begründung, die Polemik und wird auch dem tieferen Verständnis gerecht. Dieser neuartige Führer will eigentlich nicht die Besucher auf ihrem Weg zwischen den Ruinen und den Vitrinen begleiten. E. S. wollte vor allem in wissenschaftlich ein­wandfreier Form und in allgemein verständlicher Sprache, die wesentlichen Einzelheiten und die konkreten Ergebnisse berücksichtigend, über die Ausgrabungen von Carnuntum berichten, wobei die „grosse Geschichte der Hintergrund der Dar­stellung bleibt". Ein solcher Führer mag ein aus­gezeichnetes Buch für eine Vorstudie darstellen oder auch später als geeignetes Nachschlagewerk dienen, doch wird darin der Denkmalbestand der römischen Gesellschaft — unserer Meinung nach — nicht genug konkret berücksichtigt. Das Buch Carnuntum, seine Geschichte und seine Denkmäler enthält nach dem Vorwort fol­gende Kapitel: Geschichte Carnuntums (S. 9— 72), Die Zivilstadt (S. 73 —174), Anmerkungen ; Sach­register (S. 251—254), Abbildungsverzeichnis. Das erste Kapitel führt E. S. mit der Darstellung des römischen Feldzuges gegen die in Böhmen und Mähren ansässigen Markomannen ein (6 nach Chr.). Das römische Heer überquerte die Donau bei Carnuntum, was die Wichtigkeit der strate­gischen Lage des Ortes charakterisiert. Danach lenkt der Autor die Aufmerksamkeit seiner Leser auf die Geschichte.der Gegend im Alttertiär. Die sich vielfach unterbrechende Vortragsweise, die Abschweifungen vom eigentlichen Thema ermüden den Leser, besonders in einem für ein breiteres Publikum bestimmten Buch. Die Gesellschaft und das Leben im Mittelalter entwickelte sich nach ihm auf der Grundlage der Zeit Konstantin des Grossen (z. B. Überhand­nähme des feudalen Grossgrundbesitzes, Verfall der griechisch-römischen Städte und der Kultur, Verbreitung des Christentums). Über die soziale Schicht der „Colonie", der Vorgänger der Leibei­genen, finden wir nichts in der Arbeit. Auch die Latrones-Bewegung (entlaufene Sklaven, Bauern usw.) beurteilt er irrig, als er sagt, dass sie sich entlang der Donau erst zu Beginn des V. Jahrhunderts auflehnten. Die sowjetische For­schung konnte nachweisen, dass bereits in den Jahren 206—208 mehrere Bataillone gegen die „Rebellen" in der Donaugegend aufgeboten wurden. Auf alle Fälle widersetzt sich E. S. mit Recht jener Feststellung von Bury, wonach die wichtig­sten Städte Pannoniens noch zu Beginn des V. Jahrhunderts blühende Bürgerstädte gewesen seien. Die Auffassung des Autors teilen wir nicht, dass die Militärbehörden bei den Bautätigkeiten keine eingeborenen Arbeitskräfte in Anspruch nahmen v Sklaven, Fronarbeit). Bei dringenden Bauten (Unterstand, vorgeschobene Befestigungen usw.) musste natürlich auch die Mannschaft arbeiten, doch im „Hinterland" wurde die unge­fähr 2000 Köpfe zählende Sklavengruppe, die allgemein neben den Legionen eingereiht war, kaum geschont. Seine eigenen Grabungsergebnisse weitgehend berücksichtigend, widmet E. S. den verschiedenen Hausformen einen grösseren Absatz. Er stellt einen charakteristischen Carnuntiner Haustypus fest, der in Pannonién verbreitet war und dessen Prototyp er im Gegensatz zum Verfasser der vorliegenden Besprechung und anderen Forschern anders beur­teilt. In Aquincum konnten Häuser mit T-förmigem Mittelkorridor beobachtet werden, die E. S. von dem urzeitlichen germanischen, viereckigen, „nor­dischen Tiefhaus" mit Vorhalle ableitet. E. S. zeigt mit dieser erzwungenen Beweisführung nur das letzte Glied dieser auf spekulativem Wege ermittelten Entwicklung. Auch seine Annahme, dass Korridore meistens nur bei ziemlich grossen Häusern gebaut wurden, ist nicht richtig. Collingwood (The Archaeology of Roman Bri­tain, S. 112—136) unterscheidet Villatypen mit Korridor, mit Mittelhof oder mit Basilika und neuestens erwähnt auch Berry (Journal of Roman Studies, 41, 1951, S. 29) Wohnhäuser mit doppelten und einfachen Korridoren. Diese ziehen sich manch­mal an der Längsseite der Häuser entlang, wo es nicht notwendig war, die Verbindung zwischen den Wohnräumen zu sichern. Ebendeshalb waren die Korridore vielfach nur Nachahmungen oder Geschmacksache oder ein Gebot des Luxus. In den Kasernen der Lager konnten sie natürlich eine besondere Funktion gehabt haben; möglicher­weise wurde hier das Gepäck untergebracht. Aus Sparsamkeitsgründen wurden zu dem Buch wenig neue Klischees hergestellt. Dies erklärt 439

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