Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 52. (2007)

TISCHER, Anuschka: Die Bellegarde-Akten im Historischen Staatsarchiv Lettlands in Riga: Quellen zur transnationalen Geschichte einer savoyisch-österreichischen Adelsfamilie und ihres Umfelds vom 15. bis zum 20. Jahrhundert

Anuschka Tischer Quellen hervor, Journale der Kriege in Italien 1734 und 1748, wobei letzteres — eventuell beide - von den Brüdern Jean François und Janus de Bellegarde verfasst wurde respektive von jemandem aus ihrem Umfeld, der es ihnen widmete.14 Die verschiedenen biographischen Dokumente zeigen, dass die Familie Bellegarde in den Jahrhunderten nach der Ernennung Antoine Noyels einen langsamen, aber stetigen Aufstieg vollzog, dessen erster Höhepunkt 1682 die Erhebung zum Marquisat und der Erwerb der savoyischen Grafschaft Entremont darstellte. Der Aufstieg setzte sich, nur zeitweilig bedroht durch den Prozess von 1764/65, auch fort, als die Herzoge von Savoyen 1720 den Titel von Königen von Sardinien annahmen. Die Bellegarde ließen sich ihre erworbenen Verdienste von den nunmehrigen Königen von Sardinien bestätigen und erwarben das gesamte 18. Jahrhundert hindurch neue. Über all diese Vorgänge liegen wiederum zahlreiche Quellen, darunter viele Originaldokumente der Könige von Sardinien, im Archiv in Riga.15 Sie zeigen die sich über drei Jahrhunderte hinziehende soziale Karriere einer Familie in der Administration des Herzogtums Savoyen bzw. Königreichs Sardinien, in der Armee und auch in der Diplomatie: François de Bellegarde war 1540 Botschafter beim Kaiser, der Staatsrat und Präsident der Rechenkammer Jean- François de Bellegarde war 1716-1719 Botschafter in Frankreich.16 Kein Mitglied der Familie Bellegarde hatte dabei eine herausgehobene oder besonders einflussreiche Stellung in Savoyen-Sardinien. Jede Generation profitierte aber von den stetigen Vorleistungen ihrer Vorfahren und fügte selbst neue zum Nutzen künftiger Generationen hinzu. Die Familiengeschichte tritt uns nicht nur aus den zahlreichen herzoglich­königlichen Urkunden neben der Kaiser Karls V. entgegen, sondern auch aus den ebenso zahlreichen privaten Familienpapieren. Aus dem 16. bis 18. Jahrhundert sind Originale von Eheverträgen überliefert.17 Darüber hinaus gibt es Abschriften von Eheverträgen des 15. bis 18. Jahrhunderts.18 Andere Akten enthalten originale und kopierte Ehedokumente - Eheverträge, Trauscheine, ein Scheidungsurteil - der Bellegarde vom 17. bis zum 20. Jahrhundert sowie auch Taufscheine der Familie.19 LVVA 1 100, ap. 14, lieta 104 fol. 1-126 (Relation, soit Journalier de la Campagne de 1734) sowie fol. 127-316 (Du 1748. Relation de la Campagne faite en Italie [...]). Die Namen der beiden Brüder finden sich auf einem fol. 128 eingeklebten Zettel mit dem Vermerk: Pour servir à l'histoire de la famille de Bellegarde. Fol. 316 eingefiigt ist eine gedruckte topographische Karte von Savoyen und der Dauphiné. 15 LVVA 1 100, ap. 14, lietas 71-100. 16 Beides ist in den oben zitierten Stammbäumen ausdrücklich verzeichnet. Siehe darüber hinaus: Repertorium der diplomatischen Vertreter aller Länder seit dem Westfalischen Frieden (1648), Bd. 2, hrsg. von Friedrich Hausmann, Zürich 1950, S. 363. 17 LVVA 1 100, ap. 14, lietas 39-47. 18 LVVA 1 100, ap. 14, lieta 37. 19 LVVA 1 100, ap. 14, lieta 36 (biographische Dokumente, vor allem Tauf- und Trauscheine aus der Zeit 1634—1920) und lieta 38 (Ehedokumente aus der Zeit 1644-1832). 322

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