Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 52. (2007)
DÖBERL, Mario: Höfisch oder privat? Die Beschaffung und Wartung von Wägen am Wiener Kaiserhof in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts
Mario Döberl Im Jahr 1804 beschloss der Kaiser, dem Obersthofpostamt die Kompetenzen für die Hofreisewägen zu entziehen. Grund für die Reform war die Unzufriedenheit mit der bisherigen Verwaltung der Hofreisewägen gewesen, die nicht imstande war, qualitätvolle Fahrzeuge bereitzustellen. Die Reisewägen litten während Hoffeisen häufig an Gebrechen und mussten auffallend oft repariert werden. Oberststallmeister Kaunitz mutmaßte, die verantwortlichen Hoflieferanten würden ihre Arbeit „bei aller ihrer Kenntnüs doch nur oberflächlich oder schleuderisch“ betreiben.23 Den betroffenen Handwerkern wurden deshalb keine Hofaufträge mehr erteilt. Dieser Schritt wurde unter anderem auch mit dem Argument begründet, dass die meisten von ihnen in der Ungargasse24, nahe der Landstraße, arbeiteten, der neue Unterstellplatz der Hoffeisewägen - „Hofreisewagenschupfe“ oder auch „altes Holzstadel“ genannt - aber weit entfernt von ihren Werkstätten auf der Mariahilfer Straße Nr. 160 lag. Die Kontrolle der Arbeiten an den Reisewägen, die nun dem Equipagen-Inspektor oblagen, konnte nur in den Werkstätten der Handwerker durchgeführt werden, was aufgrund der großen örtlichen Distanz mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden gewesen wäre.25 Die 1804 eingeleitete Reform zog sich über mehrere Jahre hin; erst im Jahr 1808 war die Vereinigung der Reisewägen mit den übrigen Hofequipagen endgültig abgeschlossen.26 3. Der Wiener Kongress und seine Auswirkungen auf den kaiserlichen Fuhrpark Das Ende der Napoleonischen Kriege und der Wiener Kongress (September 1814 bis Juni 1815) stellten einen großen Einschnitt für den kaiserlichen Fuhrpark dar. Bereits zu Beginn des Jahres 1814 wurde bei Hof- und bürgerlichen Sattlermeistem der Bau von 19 Reisekaleschen in Auftrag gegeben. Die Wägen wurden für jene Staatsbeamten benötigt, welche zur provisorischen Verwaltung in die besetzten französischen Gebiete reisten, und mussten binnen weniger Wochen geliefert werden. Die Gesamtkosten dafür beliefen sich auf 13 000 fl.27 Zur gleichen Zeit wurden auch drei vollkommen gleich aussehende, reich vergoldete, zweisitzige Leibstadtwägen neu angeschafft, die „bei der bevorstehenden Zusammenkunft der Allerhöchsten Monarchen in Wien“ schon * S. Vize-Oberststallmeister Kaunitz an Kaiser Franz H./I., Wien 1805 Mai 5, HHStA, OStA, C, 462, S. 306. Ebenda, S. 307. Ebenda, S. 307 f. HHStA, OStA, C, 100, einliegend ZI. 339 aus 1808, unfol.; Oberststallmeister Wrbna an Kaiser Ferdinand I., Wien 1838 Februar 3, HHStA, OStA, C, 114, einliegend ZI. 691 aus 1838, unfol. HHStA, OStA, B, 9, ZI. 138 aus 1814, fol. 702r-707v; HHStA, OStA, B, 9, ZI. 252 aus 1814, fol. 819r-824v. Die beauftragten Sattlermeister und Sattlermeisterinnen waren Jakob Hell, Johann Paula, Simon Brandmayer, Gottlieb Mittag, Wenzel Pangerl, Johann Rathgeber, Josepha Gerlach und Adam Martiny. E b e n d a, fol. 822r. 120