Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 51. (2004)

AGSTNER, Rudolf: Die diplomatische und konsularische Präsenz von Österreich(-Ungarn) im Afrika südlich der Sahara

Ebenso wurde einem französischen Kaufmann, der sich 1912 um den Posten des k. u. k. Honorarkonsuls in Tananarive bewarb mitgeteilt, dass eine Konsulatserrichtung „dermalen nicht beabsichtigt“ sei.13 Wo keine k. u. k. Konsulate bestanden, galt, was den konsularischen Schutz betraf, Artikel 21 des am 6. Dezember 1891 zwischen Österreich-Ungarn und dem deutschen Reich abgeschlossenen Handelsvertrags: Jeder der vertragsschließenden Teile wird seine Konsuln im Ausland verpflichten, den Angehörigen des anderen Teiles, sofern letzterer an dem betreffenden Platze durch einen Konsul nicht vertreten ist, Schutz und Beistand in derselben Art und gegen nicht höhere Gebühren wie den eigenen Angehörigen zu gewähren. Die hohen Erwartungen an eine Erschließung Afrikas für den österreichischen Export wurden ebenso wenig erfüllt wie über 100 Jahre später die Einschätzungen der österreichischen Diplomatie und der Wirtschaftskammer Österreich hinsichtlich der gerade unabhängig gewordenen Staaten Afrikas südlich der Sahara. Die konsularische Präsenz der 1. Republik war nur unwesentlich geringer als zu k. u. k. Zeiten und folgte alten Mustern: man unterhielt kurzfristig Honorarkonsulate in Addis Abeba, Lagos, und Johannesburg, letzteres als einziges bis zum Anschluss 1938.14 Die 2. Republik begann zunächst mit der Errichtung von Honorarkonsulaten in einigen Kolonien Afrikas; das erste Honorarkonsulat bestand ab 1948 in Leopoldville im damaligen Belgisch-Kongo (Kinshasa/Dem. Republik Kongo). Das erste effektive Generalkonsulat nahm 1950 in Johannesburg seine Tätigkeit auf; es wurde 1955 in die Gesandtschaft Pretoria und 1962 in die Botschaft Pretoria umgewandelt, damals nach der 1947 errichteten Gesandtschaft in Kairo die zweite diplomatische Vertretungsbehörde Österreichs in Afrika. Ein für den Ministerrat vom 26. Juni 1956 vorbereiteter Antrag von Außenminister Figl, der die Errichtung einer Gesandtschaft in Addis Abeba vorsah, wurde vor der Sitzung zurückgezogen. Dieser beinhaltete die Eröffnung von vier Gesandtschaften, u. a. in Addis Abeba, und vier effektiven Konsulaten, darunter in Nairobi (Kenia), deren Eröffnung die je nach Maßgabe des zur gegebenen Zeit verfügbaren ausgebildeten Personals erfolgen soll, stellt das Minimalprogramm für den vorläufigen Abschluss des Ausbaues des österreichischen Vertretungsnetzes im Ausland dar, das erforderlich ist, um die österreichischen wirtschaftlichen Interessen - Erschließung neuer und Ausbau bestehender Absatzgebiete - zu wahren und den in den erwähnten Ländern lebenden Österreichern den notwendigen und wirksamen Schutz angedeihen zu lassen sowie die österreichischen kulturellen Verbindungen zu erweitern und oder zu vertiefen. Die wirtschaftliche und Die diplomatische und konsularische Präsenz von Österreich(-Ungarn) im Afrika südlich der Sahara 13 Ebenda, Tananarive, MdÄ 77 924/10 vom 18. November 1912 an Botschaft Paris. 14 In Nordafrika waren Honorarkonsulate in Alexandrien (1922), Port Said (1924), Algier (1927), Kairo (1929) und Tunis (1933) errichtet worden. 41

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