Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 51. (2004)

MÜLLER, Mathias F.: Die Zeichnungen der Historia Friderici et Maximiliani

Die Zeichnungen der Historia Friderici et Maximiliani entstand. Denn auch hier fällt gleich wie bei der Historiazeichnung nun die räumliche und für das Jahr 1515 bereits charakteristische Behandlung der Körper auf, die vom Auge gleichsam wie Kegel umkreist werden können und daher ihren eigenen Umraum besitzen. Durch diese komplexe Geometrie der Komposition können sie sich erst völlig frei bewegen. Zudem ist der in der Zeichnung Bethlehemitischer Kindermord zu erkennende Hallenbau ein von Altdorfer geschickt eingesetztes Motiv ähnlich dem Tal in der Historiazeichnung, um den Raum nach hinten ins Bild hinein optisch zu erweitern. Aber auch im zeichnerischen Detail finden sich viele Analogien zur Historia, wenn man etwa nur einmal die ganz rechts im Bild befindliche Figur und ihren Faltenwurf betrachtet. Diesen generellen Fortschritt im Stil Albrecht Altdorfers hin zu einer konkreten Individualisierung der Gestalten markieren aber ebenso die Zeichnungen für das Gebetbuch Maximilians in Besancon (Abb. 17), die durch ihre Datierung zweifelsfrei 1515 entstanden sind. Sie lassen sich hervorragend in das Oeuvre Altdorfers um 1515 einfügen35 und stellen so ein plausibles Vergleichsbeispiel zu den Historiazeichnungen dar. Denn bei beiden Zeichnungen gleichermaßen, der Historia wie des Gebetbuches, wird nun die skulpturale Solidität der Figuren betont. Somit sind wir in derjenigen Schaffensperiode Altdorfers angelangt, in der er tatsächlich beginnt, für den Kaiser zu arbeiten. Dies war um die Jahre 1514/15 herum, denn erst kurz zuvor, im Jahre 1513 hatte er begonnen, den großen Sebastians altar für das Stift St. Florian in Oberösterreich auszuführen. Peter Maurer, der Propst des Stiftes und Auftraggeber des Altares musste auf Grund der Überlastung Albrecht Altdorfers mit kaiserlichen Auftragswerken von nun an auch auf die Fertigstellung seines Altares bis ins Jahr 1518 warten! Doch zurück zur Historia: sie entstand in Altdorfers mittlerer Stilphase von 1515, die ich schon einmal als Maximilianeischen Stil bezeichnete, als sich der Charakter seines figürlichen Stiles grundlegend veränderte, weg von der Betonung des dekorativen Elementes hin zu individuellen Motiven, die auch die Gesamtwirkung einer Komposition und deren Verräumlichung bestimmen.36 37 - Denn würde man zum Schluss noch die ebenfalls zum Frühwerk Altdorfers zählende Zeichnung Überfall im Walde37 aus dem Berliner Kupferstichkabinett als eine der qualitätvollsten überhaupt zum Vergleich heranziehen, so würde man auch hier sehr schnell den Unterschied im Figurenstil zur Historia bemerken. Diese Körperauffassung kann einfach mit derjenigen aus der Historia nicht zeitgleich sein, da sie - wie ich 35 Ebenda, Nr. 80. Vgl. Müller: Altdorfer - die rapide Entwicklung seines zeichnerischen Stils, S. 246 ff. 36 Müller: Altdorfer - die rapide Entwicklung seines zeichnerischen Stils, S. 253. 37 Winzinger: Altdorfer - Zeichnungen, Nr. 4. 21

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