Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 51. (2004)

BALLA, Tibor: Die ungarischen Soldaten der Österreichisch-Ungarischen Monarchie im Ersten Weltkrieg

Tibor Balla Wegen der oben skizzierten, relativ komplizierten, Heeresorganisation (in den meisten Einheiten dienten die Ungarn zusammen mit Söhnen anderer Nationalitäten) finden wir in der Geschichte des Ersten Weltkrieges kaum „rein ungarische“ Siege. In der Militärgeschichtsschreibung der Zwischenkriegszeit wurde vor allem die auf dem russischen Kriegsschauplatz zwischen 3. und 15. Dezember 1914 stattgefunden Schlacht von Limanowa-Lapanöw als ungarischer Sieg anerkannt, denn bei der Erkämpfung dieses Sieges hatten ungarische Soldaten, insbesondere die Husaren, eine entscheidende Rolle gespielt: Die Heeresgruppe von Feldmarschallleutnant Josef Roth griff die 3. russische Armee an. Die Soldaten der 10. k. u. k. und 11. Honvéd-Kavalleriedivision kämpften auf dem rechten Flügel mit übermenschlichem Heldenmut gegen eine russische Übermacht. Am 11. Dezember 1914, dem entscheidenden Tag der Schlacht, hielt das k. u. k. 9. Husarenregiment unter der Leitung von Oberst Ottmar Muhr die russischen Angreifer auf, der Kommandant selbst fand dabei den Heldentod. Zur gleichen Zeit besiegte die zur Gruppe Feldmarschallleutnant Arthur Arz gehörige 39. Honvéd-Infanteriedivision unter dem Kommando des Feldmarschallleutnant Imre Hadfy die russische 15. Infanteriedivision und zwang den Feind zum Rückzug. Damit wurde das Weiterrollen der „russischen Dampfwalze“ in westliche Richtung gestoppt, die Armeen der Donaumonarchie kamen wieder zu Atem. Die erste Belagerung der k. u. k. Festung Przemysl durch die 3. russische Armee unter General Radko Dimitrijew dauerte vom 17. September bis 12. Oktober 1914 und endete mit der österreichisch-ungarischen Befreiung von Przemysl. Besonderen Ruhm für die ungarischen Waffen brachte die zweite Verteidigung der von der russischen 11. Armee (Kommandant General der Infanterie Seliwanow) seit Anfang November 1914 belagerten Festung Przemysl unter Festungskommandant General der Infanterie Hermann von Kusmanek. Das Gros der Verteidigungstruppen bildete die 23. Szegediner Honvéd-Infanterietruppendivision unter dem Befehl des Feldmarschallleutnant Arpad Tamäsy, dem Stellvertreter General Kusmaneks. Die Einheiten dieser Honvéd-Division nahmen an den schwersten Kämpfen teil und führten (Mitte Dezember 1914 bis 19. März 1915) die meisten Ausbruchsversuche durch. An die 60 Prozent der Besatzungstruppen von Przemysl gehörten zu ungarischen k. u. k. und k. u. Einheiten, drei Viertel der Arbeiterabteilungen in der Festung (20 000 Mann) waren Ungarn. Nachdem der Proviant und die Munitionsvorräte ausgegangen waren, musste Przemysl am 23. März 1915 kapitulieren, dabei gerieten 120 000 österreichisch-ungarische Offiziere und Soldaten in russische Gefangenschaft. Am 23. Mai 1915 trat Italien gegen seinen vormaligen Verbündeten Österreich- Ungarn in den Krieg ein. Eines der Kriegsziele Italiens war die Besetzung von Triest, ein Teilziel die Eroberung des Plateaus von Doberdo. Die Verteidigungsoperationen der 292

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