Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 51. (2004)
MÜLLER, Mathias F.: Die Zeichnungen der Historia Friderici et Maximiliani
Die Zeichnungen der Historia Friderici et Maximiliani allerdings bedarf die Frage, ob es sich bei dem Kodex um eine Reinschrift oder einen Textentwurf handelt einer eingehenden Klärung, da dies wesentliche Einblicke auf die Entstehung und Authentizität des Werkes eröffnet und so letztlich Rückschlüsse auf den Künstler selbst sowie auf die Ausführung der Zeichnungen und deren Stil zulässt. Der technische Befund lässt folgende Bemerkungen zu: Der insgesamt 90 Blätter umfassende Kodex besteht aus unterschiedlich umfangreichen Lagen, was für eine Reinschrift grundsätzlich untypisch ist.12 Zudem wurden diese Lebensbeschreibungen nie vollendet, da der Text unvermittelt abbricht, die letzten fünf Seiten blieben einfach leer! - Offenbar wurde man durch die 1514/15 schon teilweise im Druck befindliche deutsche Autobiografie des Kaisers, den heute viel bekannteren Weißkunig und die in diesem Zusammenhang hergestellten Illustrationen von Leonhard Beck und Hans Burgkmair davon abgelenkt. Aber nicht nur, dass der Kodex durch unterschiedlich starke Lagen, die frei gebliebenen Seiten und einer äußerst ungleichmäßigen Orthographie zutiefst unabgeschlossen wirkt, ist auch sein Schriftspiegel mittels Bleigriffellinien so angelegt, dass er dem Text, gemessen an der Gesamtseite, ziemlich wenig Raum lässt. Zusätzlich wurde das Papier an den Schnittpunkten der Linien des Schriftblockes mit Stichlöchern vormarkiert. Dadurch bleibt ein ungewöhnlich breiter Korrekturrand übrig. Tatsächlich finden sich auf zahlreichen Seiten Anmerkungen, Verweise und Ausbesserungen, die wahrscheinlich vom Humanisten Joseph Grünpeck und zum Teil vielleicht sogar vom Kaiser selbst stammen. Grünpeck jedenfalls dürfte ihm aus seinem Werk vorgelesen und dessen Änderungswünsche dann sofort mitgeschrieben haben. Dafür sprechen viele Korrekturen, die, deutlich erkennbar, sich auf der gegenüberliegenden Seite abgedruckt haben. Das heißt, dass wohl ziemlich hastig weiter geblättert wurde, als die Tinte noch gar nicht ganz aufgetrocknet war. Zudem weist der Kodex eine Foliierung mit Groß- und Kleinbuchstaben in gleicher Tinte wie der Text auf, was als Merkzeichen für bereits durchgeführte oder allenfalls noch beabsichtigte Änderungen interpretiert werden könnte. Konsequenterweise haben wir es hier nicht, wie noch Otto Benesch meinte, mit einer Reinschrift im eigentlichen Sinne zu tun, sondern mit einem freilich schon weit gediehenen Textentwurf, der zur Vorlage bei einer so hoch gestellten Persönlichkeit wie dem Kaiser konkrete Qualitätsstandards zu erfüllen hatte. Es ist bekannt, dass Maximilian die Überprüfung der Bilder ein wichtiges Anliegen war. Denn wäre die Historia eine Reinschrift für den Kaiser gewesen, so hätte man sie ähnlich dem Miniaturentriumphzug in der Benesch - Auer: Historia, S. 11 f: 8 Lagen zu 4 Doppelblättem, 2 Lagen zu 3 Doppelblättem, 1 Lage zu 5 Doppelblättem und 1 Lage zu 2 Doppelblättem. - Ich danke in diesem Zusammenhang Frau HR Dr. Elisabeth Springer, Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien, für ihre freundlichen Hinweise. 13