Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 50. (2003) - 200 Jahre Russisches Außenministerium

ZENČEV, Vladimir: Der Beginn der russisch-österreichischen Beziehungen

V. G. Zencev lián zum russischen Herrscher zu ernennen. Pozarskij weigerte sich nicht, darüber nachzudenken, aber Maximilian selbst war damit nicht einverstanden5. In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts verringerte sich die Intensität der rus­sisch-österreichischen Beziehungen. Die Gründe dafür sind in der Zeit der Wirren in Russland und der danach folgenden Beschäftigung des Landes mit dem inneren Wiederaufbau sowie in der Verstrickung des Reichs in die Ereignisse des Dreißig­jährigen Kriegs zu sehen. Die sich ablösenden Zaren der neuen Dynastie der Roma­novs ließen jedoch dem Wiener Hof mehrere Male von ihrem unveränderten Bestreben nach Aufrechterhaltung von freundschaftlichen Beziehungen wissen. Das Gleiche versicherte Moskau dem 1658 auf den Thron gekommenen Kaiser Leopold. Eine denkwürdige Seite in den Beziehungen zwischen Moskau und Wien stellen auch die Vermittlungsbemühungen des Habsburgerhofs um einen Friedensschluss zwischen Russland und Polen dar. Mit einer solchen Bitte hatten sich russische Gesandte 1667 an den Kaiser nach der Unterzeichnung des Waffenstillstands von Andrusovo gewandt. Der langwierige Austausch von Sendschreiben und die diplo­matischen Manöver endeten unter Vermittlung des Heiligen Römischen Reichs und der Venezianischen Republik in Moskau mit der Unterzeichnung eines Vertrags über ewigen Frieden und Bündnistreue zwischen Russland und Polen. Mit der Nachricht über dieses höchst wichtige Ereignis wurde eine große Gesandtschaft unter der Leitung des Bojaren B. P. Seremetev nach Wien gesandt. Die nächste große Gesandtschaft, der unter dem Namen Petr Michajlov der Zar Peter I. angehörte, traf 1697 in Wien ein. Diese stand in Verbindung mit den petri- nischen Reformen und dem stürmischen Aufbruch Russlands nach Europa. In seiner Bestätigung als europäische Großmacht stützte sich Russland auf die reichlichen Erfahrungen der Beziehungen mit dem Reich. Auf diese Weise ist Wien tatsächlich eine jener vier europäischen Hauptstädte, in denen die ersten ständigen russischen diplomatischen Vertretungen eingerichtet wurden. Von der Wichtigkeit der Bezie­hungen mit Österreich für Russland zeugt auch die Tatsache, dass die Instruktion für den ersten ständigen russischen „Minister am Reichshof1, Fürst Petr A. Golicyn, vom Zaren selbst geschrieben wurde. Ein interessanter Zufall: die Ernennung des ersten russischen Botschafters in Wien Anfang Februar 1701 fällt zeitlich mit dem Besuch des Präsidenten der Russi­schen Föderation, Vladimir V. Putin, in Österreich zweihundert Jahre später (2001) zusammen. Die erste ständige Vertretung Österreichs in Russland wurde 1703 ein­gerichtet. Viele Jahre verfolgte Russland das grundlegende Prinzip der petrinischen Diplomatie, nämlich die Bewahrung „einer generellen Stille in Europa“. Russland spielte eine stabilisierende Rolle in der schwierigen Zeit des Zerfalls des Heiligen Römischen Reichs deutscher Nation und konnte durch gemeinsame Anstrengungen mit dessen Nachfolgestaaten freundschaftliche Beziehungen unterhalten, die mit 5 Bantys-Kamenskij, Nikolaj N.: Obzor vnesnich snosenij Rossii (po 1800 god). C. 1. - SPb, 1984, S. 12, 15, 17. 26

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