Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 49. (2001) - Quellen zur Militärgeschichte – 200 Jahre Kriegsarchiv

ARTL, Gerhard: Die Bestandsgruppen Landesverteidigung und Deutsche Wehrmacht im Archiv der Republik

Gerhard Arti Als nach Unterzeichnung des Staatsvertrages 1955 im Bundeskanzleramt die Sektion VI/Amt für Landesverteidigung ins Leben gerufen wurde, konnte man nicht nur auf ein mehr als 6.000 Mann starkes Kaderpersonal für das künftige Heer zurückgreifen. Mit Liebitzky verfügte man auch über einen einschlägig bewander­ten Sektionschef. Im Herbst 1956 konnte sodann nach Schaffung der erforderlichen Rahmenbedingungen durch das nunmehrige Bundesministerium für Landesvertei­digung38 die ersten Wehrpflichtigen einberufen werden. Die weitere Entwicklung des Ministeriums ist besonders durch etwa im Jahrzehnteabstand durchgeführte Reformen und den damit verbundenen Krisen und neuen Heeresgliederungen ge­kennzeichnet. Nach der Übersiedlung in das neue Archivgebäude wurden dem Archiv der Re­publik sämtliche Restakten der Jahre 1946 bis 1969 einschließlich der Ver­schlussakten übergeben. Die Abgabe der Ministerialakten der kompletten Jahrgän­ge 1970 bis 1976 wurde im April 1990 durchgeführt. Im Oktober 1994 folgten die Aktenjahrgänge 1977/78, ausgenommen der Sektion II. Im Frühjahr 2000 wurden schließlich auch die Aktenstücke der Sektion II abgegeben. Der Bestand der All­gemeinen Reihe macht die Probleme des heutigen Massenschriftgutes deutlich. Der zunehmenden Quantität an Akten steht genau verkehrt proportional die Abnahme der gerade für den Historiker wichtigen inhaltlichen Qualität gegenüber. So fehlen beispielsweise nicht nur die Berichte der Militárattachés sowie diverse Stabsbe­sprechungsprotokolle so gut wie gänzlich. Unter den vorhandenen Verschlusssa­chen'9 sind auch fast keine historisch relevanten Geheimsachen ins Archiv gelangt. Nachrichtendienstliche Unterlagen sind überhaupt nicht vorhanden. Mit der Wiedereinführung der Allgemeinen Wehrpflicht wurden Grundbuch und Stellungsblatt als grundlegende Erfassungsmittel eingeführt. Das Stellungsblatt war im Zuge der Musterung anzulegen, wobei ein aktueller Strafregisterauszug beige­schlossen wurde. Das Grundbuch wurde mit der Festlegung des Ausbildungstrup­penkörpers begonnen. Das Stellungsblatt war sodann als erstes Blatt in das Grund­buch einzukleben. Anfang der Siebzigerjahre löste das nicht mehr geheftete Grundbuchblatt das Grundbuch ab. Gesundheitsbuch bzw. Gesundheitsblatt liegen grundsätzlich bei. Bis zum gesetzlichen Ende der Wehrpflicht werden die Perso­nalunterlagen durch das Bundesheer aufbewahrt. Die Archivreife ist erst nach Ab­lauf einer festgelegten Frist gegeben.40 Seit Mai 1989 werden die Grundbücher jahrgangsweise einschließlich Compu­terlisten sowie die Personalakten von Reserve- bzw. Milizoffizieren durch die Er­38 AdR, BMfLV/AR, Erlaß ZI. 229.395-Präs/1956 Aufstellung des Bundesministeriutns für Landes­verteidigung. 39 „Verschluß“ entspricht der niedrigsten Geheimhaltungsstufe VSa 1, VSa 2 ist „Geheim“, VSa 3 bedeutet „Streng geheim“. 40 Für alle männlichen österreichischen Staatsbürger die Erreichung des 5 1. Lebensjahres; Offiziere, Unteroffiziere und Spezialkräfte bis Ablauf jenes Jahres, in dem sie das 65. Lebensjahr beenden. 232

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