Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 49. (2001) - Quellen zur Militärgeschichte – 200 Jahre Kriegsarchiv

HOCHEDLINGER, Michael: Militärhistorisch relevantes Archivgut im Haus-, Hof- und Staatsarchiv

Militärhistorisch relevantes Archivgut im Haus-, Hof- und Staatsarchiv Genannt werden sollen ein kleiner, nicht unmittelbar militärhistorisch relevanter Nachlass Erzherzog Karl, der ebenso kleine Nachlass des Adolf Freiherm von Braun (1819-1904), 1865-1899 Kabinettsdirektor, mit Material über den Krieg von 1866, ein auf abenteuerliche Weise ins Archiv gelangter Nachlass des kaiserli­chen Feldmarschalls und Hofkriegsratspräsidenten Maximilian Graf Baillet de Latour (1737-1806) mit Tagebüchern bzw. Tagebuchbruchstücken (1770-1800), der Nachlass Erzherzog Ludwig (1784-1864) mit einigen militärischen Splittern, der Nachlass des Kabinettssekretärs der Kaiserin-Königin Maria Theresia, Corneli­us Freiherr von (Mac)Nenny (t 1776) mit einer Denkschrift des FZM Harsch zur Landesfortifikation (1764), der Nachlass Erzherzog Rainer (1783-1853) mit Mate­rial über Fragen der ungarischen Landesverteidigungsorganisation (1809/10) und schließlich der wohl bedeutendste Nachlass, jener des Staats- und Konferenzmini­sters und niederösterreichischen Landmarschalls Karl Grafen Zinzendorf (1739— 1813), in dem sich nicht nur dessen berühmtes Tagebuch, sondern - innerhalb der Gruppe der Handschriften — auch eine Serie mit Manuskripten zu militärischen Fragen findet. Die zweite tragende Säule der Bestandsgruppe XI wird von Schriftgut gebildet, das aus dem Geschäftsgang des Ende 1760 als höchstes Gremium zur Beratung der „inländischen Geschäfte“ eingesetzten Staatsrates hervorgegangen ist.74 Im Staatsrat kamen von Anfang an auch Fragen der Militärorganisation zur Sprache, ehe diesem Beratungsgremium im Jahre 1796 auch förmlich die Bearbeitung von Angelegenheiten der Armeeverpflegung, Rekrutierung usw. übertragen wurde. Ab 1814 bestand innerhalb des vielfach umstrukturierten Staatsrates eine eigene Mili­tärsektion.75 Die Vernichtung des allergrößten Teiles der in eine Außenstelle geflüchtet gewe­senen Staatsratsakten im Jahre 194576 muss auch vom Standpunkt einer „modernen“ Militärgeschichte, die sich gerade für den Konnex zwischen Militär- und Zivilverwaltung interessiert, als dramatischer Schlag bezeichnet werden, zumal wenn man bedenkt, dass bereits 1927 durch den Justizpalastbrand der gerade dazu ungemein reichhaltige Bestand „Hofkanzlei“ des damaligen Staatsarchivs des Inne­ren und der Justiz auf das schwerste in Mitleidenschaft gezogen worden war. Neben den Indices, Protokollen, Präsidialakten und den Staatsratsvoten des Staatskanzlers Fürsten Kaunitz aus den Jahren 1767-1794 blieben lediglich die Patent- und Zirkulariensammlung des Staatsrates (mit einschlägigem Material zur Armee 1808-1812) und die angeschlossenen Nachlässe erhalten. Unter letzteren ist 74 Gl 2, S. 223 - 239. 75 Nach Auflösung des Staatsrates 1848 kam das Archiv der staatsrätlichen Militärsektion („Militärkabinettsarchiv“) an das „Kabinettsarchiv“ und schließlich an das Kriegsarchiv. Vgl. Gl 2, S. 250 f. 76 Vgl. Coreth, Anna: Das Schicksal des k. k. Kabinettsarchivs seit 1945. In: MÖStA 11 (1958), S. 514 -525. 275

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