Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 49. (2001) - Quellen zur Militärgeschichte – 200 Jahre Kriegsarchiv
Otto Friedrich Winter: Zum Geleit
ZUM GELEIT Otto Friedrich Winter Mit der Eingliederung des Kriegsarchivs in das 1945 im Rahmen des Bundeskanzleramtes geschaffene Österreichische Staatsarchiv wurde eine Weichenstellung vorgenommen, die eine in mehrfacher Hinsicht neue Entwicklung wesentlich beeinflusst hat. Die Zusammenführung der während der Zugehörigkeit Österreichs zum Deutschen Reich als „Heeresarchiv Wien“, „Archiv der Kriegsmarine“, „Luftwaffenarchiv“ und „Archiv des österreichischen Bundesheeres“ den jeweiligen Zentralstellen in Berlin unterstellten Bestände bildete nun mit der „Heeresbibliothek“ und der „Karten- und Bildersammlung“ ein militärhistorisches Dokumentationszentrum höchsten Ranges. Innerhalb des Staatsarchivs war diese mit Abstand größte Abteilung, besetzt mit etwa der Hälfte des Personals, zunächst eher ein Fremdkörper. Erst die Besetzung der Führungspositionen mit notwendigerweise zivilen Archivaren und das allmähliche Abklingen der kriegsbedingt reservierten Einstellung gegenüber dem militärischen Bereich ermöglichte eine Annäherung und forderte das Bewusstsein einer gemeinsamen Aufgabe. Die Befürchtung von militärischer Seite, dass mit dieser Entwicklung die traditionelle militärhistorische Forschung und Publikationstätigkeit zu kurz kommen könnte, haben zwei Archivarsgenerationen seither mit beeindruckenden Leistungen eindeutig widerlegt. Es ist auch gelungen, mit korrespondierenden Instituten und Einrichtungen im Bereich des seit 1956 wieder bestehenden Ressorts Landesverteidigung eine fruchtbare Zusammenarbeit aufzubauen. Dass die Konzentration auf Archivalienbetreuung, Erschließung und Forschungsaufgaben während dieser Jahrzehnte oft nur mit Mühe aufrechterhalten werden konnte, ist auf einige außerordentliche, zeitbedingte Belastungen zurückzuführen, die nur mit aufopferndem Einsatz aller Kräfte bewältigt wurden. Die ersten Jahre nach Kriegsende standen im Zeichen der Rückführung der kriegsbedingt ausgelagerten Bestände, der Behebung der Bauschäden am Akademietrakt der Stiftskaserne und der Errichtung weiterer Aktenspeicher zur Unterbringung der Neuzugänge. Die bewilligten Mittel reichten jedoch nicht aus, das Raumproblem einer befriedigenden Lösung zuzuführen, es blieb bei der provisorischen Lagerung von Archivalien in Gängen und anderen notdürftig adaptierten Räumlichkeiten, auch ein Außendepot in einiger Entfernung vom Hauptgebäude musste bestehen bleiben. Zudem waren die Speicher nicht klimatisiert, der Brandschutz problematisch und viele Stellagen nur mit Leitern begehbar, wie dies in einem für Archivzwecke adaptierten Bau unvermeidbar war. Die Situierung des Archivs innerhalb eines militäMitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 49/2001 5