Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 48. (2000)

TELESKO, Werner: Die Seitenbilder der Marienkirche in Sulz im Wienerwald. Ein Beitrag zur Frömmigkeitsgeschichte im maria-theresianischen Zeitalter

Die Seitenaltarbilder der Marienkirche in Sulz im Wienerwald hl. Theresia von Avila mit Maria1“. Die hl. Theresia kniet und breitet hingebungs­voll die Arme aus. Von oben schwebt Maria herab und hält einen gelben Schleier über dem Haupt der Heiligen. Eine Propagierung der kaiserlichen Namenspatrone, die auch in den heute in Sulz befindlichen Laxenburger Seitenaltarbildem bildlichen Ausdruck gewann, war also bereits in entsprechender Weise liturgisch in Parhamers geistlichem Zentrum, dem Wiener Waisenhaus, vorgebildet und erfuhr eine konsequente und vielschichtige Ausformung im ikonographischen Programm der Waisenhauskirche. Die auffallen­de Konzentration auf die Jesuitenheiligen (Franz Xaver und Franz Regis) und die unterweisenden Heiligen (Joseph von Calasanza als Stifter des Piaristenordens) mit Missionsfunktion (Prokopius von Böhmen) kulminierte in der 1770 geschaffenen Kanzel dieser Kirche1" mit den Brüstungsreliefs „Christus segnet die Kinder“, „Franz Xaver tauft die Heiden“ und „Franz Xaver predigt den Armen“. Wie in den Gemälden in der Pfarrkirche von Sulz findet hier eine ungewöhnlich ausgeprägte Betonung der Aspekte der Unterweisung, des Unterrichts und der Mission statt. Die Ausstattungsprogramme der Pfarrkirche von Laxenburg und der Wiener Waisen­hauskirche müssen deshalb unter dem Gesichtspunkt von Parhamers geistlichem Wirken zusammengesehen werden. Das Programm der Ausstattung der Pfarrkirche von Laxenburg kann somit im Spannungsfeld der kirchenpolitischen und theologischen Situation um 1750/1760 beschrieben werden. Der Jesuitenpater Ignaz Parhamer dürfte demnach sowohl bei der Ausarbeitung und der ikonographischen Abstimmung des kaiserlichen Aus­stattungsprogramms der Pfarrkirche von Laxenburg, von dem die Gemälde in der Pfarrkirche von Sulz den letzten nachweisbaren Rest darstellen, als auch bei der Formulierung des Programms der Waisenhauskirche maßgeblich beteiligt gewesen sein. Die Auswahl der Namenspatrone ist in direktem Zusammenhang mit dem Kaiserhaus zu sehen. Sowohl die volksmissionarisch-katechetische Ausrichtung als auch die spezifische Ikonographie der Laxenburger Gemälde können direkt mit Bestrebungen Parhamers in Verbindung gebracht werden. Hinsichtlich der Bedeu­tung der Spiritualität in den Laxenburger Gemälden steht die Büßerfunktion (der hl. Theresia von Avila) - und nicht die Transverberation - im Vordergrund. Auch mutet das Pendantbild mit dem hl. Franz Xaver wie die exemplarische Darstellung eines Beicht- und Unterweisungsvaters jesuitischer Prägung an. In dieser Hinsicht kann in den Gemälden der Pfarrkirche von Sulz der Kern eines - die „Pietas Austriaca“ im Sinne des Barockkatholizismus in den Vordergrund stellenden - Programms rekonstruiert werden. Die wahrscheinliche Entstehung der 130 Grill: Festschrift, S. 23, Abb. 11; Dehio Wien, S. 71; Saur Allgemeines Künst­ler-Lexikon. bisher Bd. 1-21. München-Leipzig 1992, Bd. 5, S. 619 f., hier S. 620 (Stefan Schulze) [mit Lit.]. 131 G r i 11: Festschrift, S. 24; D e h i o Wien, S. 71. 403

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