Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 48. (2000)
TELESKO, Werner: Die Seitenbilder der Marienkirche in Sulz im Wienerwald. Ein Beitrag zur Frömmigkeitsgeschichte im maria-theresianischen Zeitalter
Die Seitenaltarbilder der Marienkirche in Sulz im Wienerwald darstellungen zum Tragen kommt123. Der Pilgertypus von Franz Xaver verbindet sich im Gemälde mit biographischen Elementen Parhamers. Die ikonographisch ungewöhnliche Einbeziehung der gesamten kaiserlichen Familie im Gemälde der Pfarrkirche von Sulz ist nur vor dem aktuellen Hintergrund von Parhamers Funktion als Beichtvater Franz Stephans in den Jahren 1758 bis 1765 zu verstehen. Diese ab 1758 ausgeübte Funktion als Beichtvater Franz Stephans fallt zudem zeitlich genau mit der Entstehungszeit der Seitenaltarbilder in Laxenburg zusammen und bestätigt somit den oben angeführten Datierungsansatz des Gemäldes, der aus dem Alter der dargestellten Mitglieder der kaiserlichen Familie abzuleiten war. Parhamer dürfte demnach nicht nur einen katechetisch-missionarischen, sondern auch einen kunstpolitischen Einfluss am Kaiserhof ausgeübt haben. Eine besondere Beziehung zur Kunst könnte Parhamer über seine Promotion im Jahr 1747 im Fach der Jeinen Künste“124 aufgebaut haben. Die Gottesdienstordnung des von Parhamer geleiteten Waisenhauses erlaubt zusätzliche Einblicke in dessen spirituelle Ausrichtung. Unter den 13 Schutzpatronen des Waisenhauses werden unter anderem der hl. Franz (Xaver ?), der hl. Franz Regis (in seiner Eigenschaft als Christenlehrpatron) und die hl. Theresia von Avila von den kaiserlichen Kost- und Stifitkindem besonders verehrt. Die Feste von Mariae Geburt und Heimsuchung, des hl. Nährvaters Joseph und der Heiligen Florian, Theresia, Johann von Nepomuk sowie von Franz Regis werden mit einer Oktav, der hl. Beichte und öffentlicher Kommunion, feierlichem Einzug, besonderer Auszierung und Beleuchtung der Kirche, besserer Chormusik, mit Lobpredigt, Hochamt, Opfergang der Kinder und Hausleuten gefeiert. Die Feste Mariae Geburt und Heimsuchung sowie die Heiligenfeste von Theresia von Avila und Franz Regis werden als „allgemeine Beicht- und Kommuniontage“ begangen. Nach der Zimmerordnung im Waisenhaus 123 Gemälde von Johann Jakob Zeiller (?), Mitte des 18. Jahrhunderts, Ingolstadt, Stadtarchiv, Abbildung in: Katalog: Die Jesuiten in Ingolstadt, S. 290, Nr. 288; vgl. hier auch den Typus des hl. Franz Regis als Pilger mit Stab und Wallfahrtsbildchen sowie Hinweis auf die Missionsfunktion (Lk 4, 18) im Gemälde über dem Tabernakel in der Franz Regis-Kapelle (zweite Seitenkapelle links) der Kirche Am Hof in Wien. Im Fresko darüber - an der rechten Seite des Dec ken Spiegels - befindet sich eine Darstellung des Auftraggebers, Ignaz Parhamer; vgl. Karner, Herbert: Apsisaltäre. Zur Typengeschichte des barocken Hochaltars im Wiener Einflußgebiet. In: Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege 51 (1997), H. 2, S. 366-379, hier S. 372; Anm. 31; Ronzoni, Luigi A.: Jacob Gabriel de Mollinarolo detto Müler Polycletes Austriacus. In: Katalog: Georg Raphael Donner 1693-1741, Österreichische Galerie Belvedere. Wien 1993, S. 160-7 85, hier S. 164, Abb. 84-86; Katalog: Franz Anton Maulbertsch und sein schwäbischer Umkreis, Museum Langenargen am Bodensee. Sigmaringen 1996, S. 215 (Abb.); Katalog: Triumph der Phantasie. Barocke Modelle von Hildebrandt bis Mollinarolo, Österreichische Galerie Belvedere. Wien 1998, S. 237-239, Nr. 76. 124 Rieder: Parhamer, S. 21. 401