Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 48. (2000)

PASETZKY, Gilda: Zwei Wiener Jakobiner und ihre Reise nach Frankreich

Zwei Wiener Jakobiner und ihre Reise nach Frankreich Diese Gelegenheit glaube ich ergreifen zu müssen, um Eurer Majestät allerunterthä- nigst vorzutragen, ob nicht allerhöchstdieselbe geruhen wollten, den Graf Soltyk auf eben dieselbe Weise zu behandeln, wie die in Böhmen verhafteten Pohlen auf Befehl Eurer Majestät behandelt worden. Daß Graf Soltyk die berüchtigte von dem Platzleutnant Hebenstreit erfundene Kriegsmaschine an den Generalen Kosciusko nach Warschau gesendet hat, kann ihm meines Erachtens aus der Ursache nicht zur Last gerechnet werden, weil er seinem Va­terlande einen Dienst zu erweisen glaubte und weil Eure Majestät damalen mit Pohlen in keiner Fehde begriffen waren. Auch kann ihm nicht erwiesen werden, daß er von der Absicht gewußt habe, in welcher Held und Denkmann im April dieses Jahres nach Paris gereiset sind. Sein Umgang mit Hebenstreit und einigen anderen hat ihn zwar anfangs verdächtig gemacht, und durch ihn ist die Polizey mittelbar71 auf verschiedene Entdek- kungen gekommen, die sie schon lange ahndete72, allein es hat sich auch in der Folge gezeigt, daß Soltyk mit Riedel und seinen Konsorten in keiner Verbindung gestanden sey. Sollte Eure Majestät meinem Antrag zu benehmigen geruhen, so könnte Graf Soltyk angewiesen werden, bis auf weiteren allerhöchsten Befehl in Neustadt oder St.Pölten zu verbleiben; zu mehrerer Sicherheit könnte man von ihm das Ehrenwort, daß er sich oh­ne Eurer Majestät allerhöchste Erlaubnis nicht entfernen wolle, abfordem, und zum Überflüsse auch die Bürgschaft des Fürsten Czartorisky, und des Grafen Ossolinsky verlangen. Nach erfolgter allerhöchster Erschließung werde ich nicht unterlassen, mich wegen der nöthigen Vorkehrungen mit dem Hofkriegsrathspräsidenten einzuverstehen. Saurau Wien dem 30ten August 1794 Ich genehmige ihren Antrag, und kann Graf Soltyk hiernach angewiesen werden, je­doch haben sie sich mit dem Hofkriegsrath hierwegen einzuverstehen. Franz accepi 31. August 1794 71 Körner, Wiener Jakobiner (siehe Anm. 17) zitiert diesen Absatz, schreibt jedoch irrtümlich statt „mittelbar“ „unmittelbar“, was diesem wichtigen Satz einen anderen Sinn verleiht, da die zwei Buchstaben zu viel, Soltyk zum Denunzianten machen. 72 Vivenot: Quellen 4, S. 332, n.* (siehe Anm. 5 und 50), der diesen Paragraphen auch zitiert (jedoch ohne Quellenangabe), las statt „ahndete“ „ahnete“ [= ahnte] - was nicht nur logischer erscheint, sondern durch den damaligen Sprachgebrauch auch gerechtfertigt ist. 365

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