Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 48. (2000)

AGSTNER, Rudolf: Österreichische Konsulate in der Schweiz

Rudolf Agstner Anfang 1870 fand am Ballhausplatz eine Konsular-Enquete statt, bei der die Zweckmäßigkeit der Vermehrung der österr.-ungar. Konsularvertretung in der Schweiz durch Aufstellung von Konsularämtem in Zürich und St. Gallen besonders hervorgehoben wurde. 13 Auf Grund der Beschlüsse der Delegationen, die am 20. Februar 1871 vom Kai­ser sanktioniert worden waren, wurde die Errichtung von Konsulaten in Zürich und St. Gallen eingeleitet, während das Projekt eines Konsulates in Neuchätel zurück­gestellt wurde. 1872 wurden - aus wirtschaftlichen Gründen - in Zürich und St. Gallen k. u. k. österreichisch-ungarische Honorarkonsulate errichtet; diese Konsularorganisation - mit Ämtern in Genf, Zürich und St. Gallen - blieb bis 1911 in Kraft. Ein Bedarf an einem Konsulat in Neuchätel wurde auch weiterhin nicht gesehen, auch scheiterte das Bemühen eines in Luzern wohnhaften pensionierten Ministe­rialrates des k. k. Handelsministeriums, dort zum k. u. k. Honorargeneralkonsul ernannt zu werden. 1886 wurde das Amt in Zürich in ein effektives Konsulat und 1895 in ein Gene­ralkonsulat umgewandelt; St. Gallen wurde 1914 zum effektiven Konsulat. 1911 wurde zur Betreuung der zahlreichen Kranken aus der Monarchie in Davos ein Honorarkonsulat eingerichtet, aber erst seit 1912 amtierte ein k. u. k. Vizekonsul in Basel, wo sich die Notwendigkeit eines effektiven Konsulates aus wirtschaftlichen Gründen und zur Betreuung der Aus- und Rückwanderer aus der Monarchie schon lange abgezeichnet hatte. Der Gründung des Honorarkonsulates Lausanne im Mai 1914 lag nur das Vorhandensein eines geeigneten Bewerbers für den Posten zu­grunde. Die Honorarämter in Genf, Lausanne und Davos waren im Ersten Welt­krieg infolge ihrer gestiegenen Bedeutung mit Berufskonsuln besetzt. 1915 wurde ein Konsulatsbeamter nach Lugano entsandt, wo er einen „Informationsdienst“ leitete; 1916 wurde daraus das effektive Konsulat Lugano - es hatte im Wesentli­chen nur eine Aufgabe - die Spionage gegen Italien, Auswertung und Beeinflus­sung der oberitalienischen Presse, ebenso wie die Außenstelle des Konsulats Davos in St. Moritz versuchte, Informationen aus Kreisen der dort auf Kur oder im Exil weilenden Persönlichkeiten, zu denen u. a. der Kronprinz von Norwegen und das griechische Königshaus gehörten, zu beschaffen. Im Herbst 1917 machte der k. u. k. Konsul in Lausanne, Gaspardy, die Gesandt­schaft in Bem darauf aufmerksam, dass „ein anderes Gebiet in der Westschweiz, das uns politisch und militärisch interessiert“, bislang außer Acht gelassen wurde, nämlich die Bahnlinie Brieg - Martigny im Kanton Wallis, „auf welcher die Rei­senden und Nachrichten aus Italien besser kontrolliert werden könnten, als in Lau­13 ÖStA, HHStA, AR, F 8, K 41, Staaten Schweiz, Vortrag Andrassy 15. Mai 1872, Ah. Ent. 17. Mai 1872. 18

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