Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 48. (2000)

LILLA, Joachim: Die Vertretung Österreichs im Großdeutschen Reichstag

Die Vertretungen im Grossdeutschen Reichstag Gebiete mit einem eigenen Wahlkreis (Wahlkreisname „Sudetendeutsche Gebiete“, spätere Kurzform: „Sudetenland“29) hinzu. In der Folgezeit firmierten sie, wie auch die in den zusätzlich annektierten Gebieten gebildeten Wahlkreise30, in den ein­schlägigen Drucksachen des Reichstages31 genau wie die Wahlkreise im Altreich. Eine Frage indes lässt sich nicht eindeutig beantworten, ob der Wahlkreis Öster­reich nach 1938 de jure oder de facto vergrößert worden ist32. Durch die gebietli- chen Veränderungen im Rahmen der Neugliederung der sudetendeutschen Gebiete im März 193933 wurde der Wahlkreis Österreich offensichtlich nicht verändert, denn der Wahlkreis Sudetenland bestand seinerzeit aus den Regierungsbezirken Aussig, Karlsbad, Troppau, und den Gebieten, die den Regierungspräsidenten in Regensburg, Oppeln sowie den Landeshauptmannschaften Oberdonau in Linz und Niederdonau in Wien unterstellt waren34. Andererseits hat sich das Problem auch konkret nie gestellt, da in den vormals sudetendeutschen, dann zu den Reichsgauen Ober- und Niederdonau gehörenden Gebieten kein Reichstagsmandat frei wurde35. Unklar bleibt auch die Situation der ehemals jugoslawischen Gebiete Kämten- Krains (Südkämten) und der Untersteiermark, in denen am 14. April 1941 die Reichsstatthalter (und Gauleiter) der benachbarten Reichsgaue Kärnten und Stei­ermark als Chefs der Zivilverwaltung (CdZ) eingesetzt wurden. Diese CdZ-Gebiete waren zwar administrativ von Anbeginn enger an die benachbarten Reichsgaue Kärnten und Steiermark angegliedert als etwa die im Westen des Reiches errichte­ten, einem Chef der Zivilverwaltung unterstellten Gebiete Elsaß und Lothringen36, 29 Vgl. hierzu eingehender Lilla, Joachim: Die Vertretung des Reichsgaus Sudetenland und des Protektorats Böhmen und Mähren im Großdeutschen Reichstag, in: Bohemia 40 (1999), S. 436- 471. 30 Neben den „Wahlkreisen“ Österreich und Sudetenland kamen in der Folgezeit noch als „Wahlkreise“ hinzu: Memelland, Böhmen und Mähren (April 1939), Ostgebiete, untergliedert in Wartheland, Danzig-Westpreußen, Ostpreußen, Schlesien (Juli 1940), Eupen-Malemedy-Moresnet (Juni 1941). 31 Insbesondere: Reichstag, IV. Wahlperiode 1938, Drucksache Nr. 1: Verzeichnis der Mitglieder des Reichstages. Abgeschlossen am I. Juni 1943 [im Reichstagsbüro von Hand bis zum 4. April 1945 fortgeführt] (Bayerische Staatsbibliothek, J. pubi. G 971 t 1938, 2) [in Hinkunft: RT- Verzeichnis 1943/45]. 32 Es gibt - im Gegensatz zur gebietlichen Beschreibung der Wahlkreise im „Altreich“ - in der Anlage zum Reichswahlgesetz keine eindeutige gebietliche Beschreibung des Wahlkreises Öster­reich nach 1938. 33 Gesetz über die Neugliederung der sudetendeutschen Gebiete vom 25. März 1939, RGBl. 1939 I, S. 743. 34 Vgl. Reichstagswahl 1938, S. 128-135 (Hervorhebung vom Verf.). 35 Beispielsweise saßen zwei Abgeordnete aus Znaim (Felix Bomemann und Dr. Alfred Kottek) seit 1938 für den Wahlkreis Sudetenland im Reichstag, vgl. Lilla: Sudetenland, S. 438-440. 36 Oldenhage, Klaus: Die Verwaltung der besetzten Gebiete, in: Deutsche Verwaltungsge­schichte. Hrsg, von Jeserich, Kurt G. A. u. a. Bd. 4: Das Reich als Republik und in der Zeit des Nationalsozialismus. Stuttgart 1985, S. 1160 f. Vgl. auch: Karner, Stefan: Die Steiermark im 235

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