Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 48. (2000)
AGSTNER, Rudolf: Österreichische Konsulate in der Schweiz
Im § 48 des „Handbuchs für den österreichischen auswärtigen Dienst“ ist hinsichtlich der „Ausfindigmachung von Honorarkonsuln“ vorgesehen, dass der Missionschef der Zentrale berichtet, wenn sich im Amtsbereich einer diplomatischen Mission die Eröffnung eines Honorarkonsulates als zweckmäßig erweist [...]. Im Falle der grundsätzlichen Zustimmung der Zentrale ist ein Kandidat ausfindig zu machen, der dank einer geachteten Stellung zur nachdrücklichen Vertretung der österreichischen Interessen befähigt ist. Der Kandidat muß in der Lage sein, die aus der Errichtung und dem Betrieb eines Honorarkonsulates erwachsenden Kosten zu tragen. Er soll nach Möglichkeit der deutschen Sprache mächtig sein; ist dies nicht der Fall, so hat er sich zur Beistellung mindestens einer deutschsprachigen Kraft für das Honorarkonsulat zu verpflichten. Bei gleicher Eignung ist Personen mit österreichischer Staatsbürgerschaft der Vorzug zu geben. Der Missionschefbedient sich bei der Suche nach geeigneten Kandidaten, soweit dies zweckmäßig erscheint, der Hilfe von Osterreichervereinen, lokaler Behörden und Interessenvertretungen. Letztlich hat sich gegenüber der k. u. k. Praxis nichts geändert - nur in einer Hinsicht trat eine markante Änderung ein. Hatten die meisten Honorarkonsulate seit je her die Befugnis, Sichtvermerke zu erteilen, Honorargeneralkonsulate dar- überhinaus auch das Recht, Reisepässe auszustellen, wurden diese beiden Befugnisse ein Opfer der modernen Zeiten. Mit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union am 1. Januar 1995 wurden statt der bis dahin üblichen grünen Reisepässe EU-Reisepässe in bordeauxroter Farbe eingeführt, zu deren Ausstellung spezielle Computer erforderlich sind, mit denen Honorarämter schon aus Kostengründen nicht ausgestattet werden konnten. Schon vor Inkrafttreten des Schengen-Abkommens am 26. März 1995 war der leicht zu fälschende „Sichtvermerks-Stempel“ durch fälschungssichere Visa- Klebeetiketten ersetzt worden, mit denen ebenfalls nur mehr Berufs- Vertretungsbehörden beteilt wurden. Das Inkrafttreten von „Schengen“ brachte neben dem „Schengen-Visum“ auch die Teilnahme Österreichs am „Schengen Informations-System“ - schon aus Kostengründen ist eine Beteiligung der Honorarämter am SIS nicht möglich. Durch den Wegfall dieser beiden wichtigen Aufgaben hat sich die Rolle eines österreichischen Honorarkonsuls im letzten Jahrzehnt erheblich geändert. II. Österreich (-Ungarn) und seine Konsulate in der Schweiz Angesicht des Umstandes, dass schon 1718 k. k. Konsulate in diversen „Scalen“, d. h. Häfen im östlichen Mittelmeer, und an manchem anderen, heute unbedeutendem Ort des Osmanischen Reiches bestanden, mutet es erstaunlich an, dass das erste Konsulat des Kaisertums Österreich in der Schweiz erst 1861 errichtet wurde. Österreich (-Ungarn) begann seine konsularische Präsenz zunächst mit drei Honorarkonsulaten, wie ja überhaupt das k. u. k. Konsularwesen ohne die Institution der Honorarkonsuln nicht möglich gewesen wäre - eine von Kaiserin Maria ThereÖsterreichische Konsulate in der Schweiz - Teil I 15