Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 48. (2000)

GRÖBL, Lydia – HÖDL, Sabine – STAUDINGER, Barbara: Steuern, Privilegien und Konflikte. Rechtsstellung und Handlungsspielräume der Wiener Juden von 1620 bis 1640. Quellen zur jüdischen Geschichte aus den Beständen des Österreichischen Staatsarchivs

Steuern, Privilegien und Konflikte Das Geld sollte in das Kriegszahlamt erlegt werden:"8 3 000 fl. wurden davon bezahlt,"9 die Forderung nach den restlichen 300 fl. blieb aufrecht.118 119 120 Verhandlungen und Ergebnisse Von den Juden in Wien wurden sowohl ordentliche (regelmäßige) als auch au­ßerordentliche (von Fall zu Fall aus bestimmten, meist kriegerischen Anlässen) Kontributionen eingehoben, wobei nach der Einführung der ordentlichen Kontri­butionen im Jahre 1629 die außerordentlichen Abgaben in den Hintergrund traten. Besonders bei den Verhandlungen zu außerordentlichen Kontributionen und Darlehen wurde zumeist nach folgendem Schema vorgegangen: Die kaiserlichen Beamten traten mit der Forderung einer bestimmten Summe an die Juden heran; nach einer Überprüfung lehnten sie diese, meist unter Hinweis auf ihre schlechten finanziellen Verhältnisse, als zu hoch ab. In der Folge wurde den Juden mit der Schließung ihrer Läden und Synagogen sowie mit der Arrestierung Einzelner ge­droht - was manchmal auch ausgeführt wurde -, worauf diese einlenkten und von sich aus eine bestimmte Summe anboten. Im weiteren Verlauf der Verhandlungen wurde der geforderte Betrag gesenkt; meist wurde etwa bei der Hälfte der ur­sprünglichen Summe eine Einigung zwischen Beamten und Juden erzielt. Das Geld wurde von den Juden oft erst nach einigen Zahlungsaufforderungen wirklich erlegt. Dies erweckt den Anschein, dass die Juden ihrerseits die Zahlungen von gewissen Zugeständnissen seitens des Kaisers abhängig machten. Obwohl bisher Belege dafür fehlen, ist von einem engen Zusammenhang zwischen den Geldleistungen der Juden einerseits und ihrer Ausstattung mit Privilegien und Rechten (für Einzelne wie für die gesamte Gemeinde) durch den Kaiser anderer­seits auszugehen. Die rechtliche Positionierung der Juden im Wien des 17. Jahrhunderts Die Rechtsstellung der im 17. Jahrhundert in Wien lebenden Juden war durch mehrere Komponenten bestimmt. Der durch ein Privileg festgelegte persönliche Rechtsstatus wurde durch ein Netz von allgemeinen Bestimmungen auf Landes­und Reichsebene ergänzt.121 118 HKA, Hf. Prot. 693 R (1620), fol. 397r_v, Konzept vom 22. August 1620; Erinnerung an den Hofkriegszahlmeister siehe HKA, Hf. Prot. 693 R (1620), fol. 179v, sowie HKA, N. Ö. Herr­schaftsakten, Fasz. W 61/C 43, fol. 375'''', beide 25. August 1620. 119 Ebenda, fol. 389r_v, Bericht des Kriegszahlmeisters Peter Sutter vom 25. August 1620. 120 Ebenda, Noch am 18. September 1620 wurde von Peter Plum ein Bericht abgefordert, wie es mit den von den Juden dargegebenen 100 Eimern Wein stehe, siehe HKA, Hf. Prot. 693 R (1620), fol. 20lr, 18. September 1620. 121 Für Österreich unter der Enns wurde weder im 16. noch im 17. Jahrhundert eine umfassende Judenordnung erlassen. Es sind nur für alle Juden des Landes geltende Einzelbestimmungen zur 167

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