Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 48. (2000)

GEHLER, Michael – KAISER, Wolfram: Zeitgeschichtliche Quellenedition. Methoden und Forschungspraxis anhand ausgewählter Beispiele

ZEITGESCHICHTLICHE QUELLENEDITIONEN Methoden und Forschungspraxis anhand ausgewählter Beispiele von Michael Gehler und Wolfram Kaiser I. Vorbemerkung Zwei Weltkriege, Wirtschaftskrisen weltweiten Ausmaßes, Migrationsbe­wegungen bisher ungekannter Dimension, politische Zäsuren und Epochenjahre (1917/18; 1933; 1939; 1941; 1945; 1989/91) und eine enorme Beschleunigung des kommunikations- und informationstechnologischen Strukturwandels prägten das 20. Jahrhundert. Daraus ergeben sich auch für zeitgeschichtliche Editionsprojekte wichtige Fragen. In der Zeitgeschichte stellen sich zahlreiche forschungspraktische und methodische Fragen bei der Erarbeitung von Quelleneditionen in ähnlicher Weise wie für andere historische Zeitabschnitte. Es gibt jedoch bestimmte Sonder­probleme, die hier erwähnt und diskutiert werden sollen. Sie betreffen insbesondere mögliche Themen für Quelleneditionen, den quantitativen und qualitativen Wandel der Quellengrundlage und die wissenschaftliche Bearbeitung. Anhand zweier Editionsprojekte - transnationale Parteienkooperation der euro­päischen Christdemokraten in den „Nouvelles Equipes Internationales“ (NEI) - dem ersten europäischen christdemokratischen Parteienbund nach 1945 - und im Genfer Kreis (1947-1965)' sowie der österreichischen Südtirolpolitik nach 1945/462 - sollen diese Sonderprobleme aufgezeigt und erörtert werden. Dies ist die überarbeitete Fassung eines Referates der Autoren auf der Fachtagung „Umgang mit den Quellen heute (16. Jahrhundert - Gegenwart)“ im Österreichischen Staatsarchiv in Wien im März 1999. 1 Vgl. bereits die Projektvorstellung von Gehler, Michael - Kaiser, Wolfram: Nouvelles Equi­pes Internationales und Genfer Kreis. Christdemokratische Parteienkooperation 1947-1965. Eine Quellenedition, ln: Demokratie und Geschichte. Jahrbuch des Karl von Vogelsang-Instituts zur Erforschung der Geschichte der christlichen Demokratie in Österreich, hrsg. v. Helmut Wohnout, 1 (Wien-Köln-Weimar 1997), S. 198-206. Der Begriff der „Zeithistoriker“ wird in diesem Bei­trag geschlechtsneutral verwendet. 2 Vgl. hierzu bereits früher zu einem Forschungsprojekt: Gehler, Michael: Österreich und die Südtirolfrage 1945-1956. Fragen und Aufgaben eines Forschungsprojektes, ln: Böhler, Ingrid - Steininger, Rolf (Hrsg ); Österreichischer Zeitgeschichtetag vom 24. bis 27. Mai 1993 in Inns­bruck, Innsbruck-Wien 1995, S. 105-121. Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 48/2000 127

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