Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 47. (1999)
STÖGMANN, Arthur: Die Erschließung von Prozeßakten des Reichshofrats im Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien. Ein Projektzwischenbericht
Arthur Stögmann unerheblich befundene Einwände gegen die Klage erhoben hatte.61 Auf die im Jahr 1627 eingereichte Klage des Augsburger Bischofs gegen die Stadt Memmingen auf Restitution der St. Antons-Präzeptur zu Augsburg wurde zunächst ein rescriptum de restituendo erlassen62, bevor im Jahre 1631 das Definitivurteil erging.63 Wie sehr der Reichshofrat auch für außerstreitige Religionssachen in Anspruch genommen wurde, zeigt der Fall der Äbtissin zu Andlau, die sich im Jahr 1631 nicht mit einer Klage an das kaiserliche Gericht wandte, sondern dieses regelrecht um Unterstützung bei der Rekatholisierung ihrer Untertanen ersuchte.64 Religionsprozesse waren im übrigen nicht auf das „Konfessionelle Zeitalter“ beschränkt, sondern wurden bis zum Ende des Reiches geführt. Im Jahr 1750 berichtet Johann Jakob Moser, daß es in den 100 Jahren nach dem Westfalischen Frieden niemals an Religionsbeschwerden gemangelt habe.65 Die 16 Fälle, die in einer eigenen Rubrik des „Wölfischen Repertoriums“ als „Gravamina der Augsburger Konfessionsverwandten“ geführt werden, entstammen zur Gänze dem 18. Jahrhundert.66 Auch auf diesem Themenfeld zeigen die Publikationen der letzten Jahre deutlich, daß dem Reichskammergericht wesentlich mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird als dem Reichshofrat. Der großen neueren Monographie Bernhard Ruthmanns über die Religionsprozesse am Reichskammergericht im 16. Jahrhundert sowie einer Reihe von kleineren Arbeiten steht ein einziger Beitrag über die Befassung des Reichshofrats mit einem konfessionell-politischen Konflikt im Württemberg des 18. Jahrhunderts gegenüber.67 61 DB „RHR“, DS. 1665, Decisa K. 267. Vgl. AB 1/1/1 Augsburg 86 (1626-1635). Zum Begriff „paritoria“ siehe Uh I h o rn: Mandatsprozeß, S. 149. 62 Ein Reskript wurde im Normalfall dann erteilt, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für den Erlaß eines Mandats Vorlagen und die Klage gegen einen Reichsstand gerichtet war. Nach Erlaß des Reskripts verlief der weitere Prozeß ebenso wie das Mandatsverfahren. Es handelt sich somit um eine Sonderform des Mandatsprozesses. Nach Uhlhorn: Mandatsprozeß, S. 117. Siehe auch: Sellert, Wolfgang: Reskriptsprozeß, ln: HRG. Bd. 4, Sp. 934-937. 63 DB „RHR", DS. 1668, Decisa K. 268. Vgl. AB 1/1/1 Augsburg 89 (1627-1641). Weitere Fälle können im Bericht „Restitutionen“ abgerufen werden. 64 Datenbank „RHR“, DS. 857, Decisa alt A 38. Vgl. AB 1/1/1 An 24 (1631). 65 Zitiert nach Uhlhorn: Mandatsprozeß, S. 17, Anm. 74. Dabei ist - im Gegensatz zur konfessionellen Polemik, die stets eine prokatholische Grundhaltung des RHR unterstellte - zu betonen, daß sich bis zuletzt auch protestantische Kläger an den RHR wandten und vielfach auch Recht bekamen. So erließ der RHR im Jahr 1715 im Rahmen einer heftig geführten „Konfessionsfehde“ in der Pfalz ein verurteilendes Dekret gegen den katholischen „Hauptagitator“, Paul Usleber SJ, Professor des kanonischen Rechts an der Universität Heidelberg. Hertz: Die Rechtsprechung der höchsten Reichsgerichte, S. 342. 66 Siehe AB 1/1 /1: Augsburgischer Confessionsverwandter Gravamina Religionis 1-16. 67 Ruthmann, Bernhard: Die Religionsprozesse am RKG. Köln-Wien 1996 (Quellen und Forschungen zur höchsten Gerichtsbarkeit im Alten Reich 28). Zum RHR-Prozeß siehe: Haug- Moritz, Gabriele: Die Behandlung des württembergischen Ständekonflikts unter Herzog Carl 264