Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 47. (1999)

SAPPER, Christian: Kinder des Geblüts – die Bastarde Kaiser Rudolfs II.

Kinder des Geblüts - die Bastarde Kaiser Rudolfs II. hat wohl sein Magenleiden (seit 1578) beigetragen; 1581 berichten Rumpf und Trautson an Erzherzog Ferdinand von Tirol über die Melancholie und die schlechte Gesundheit von Rudolf II. Sicher ist, daß sein psychischer Zustand mit fortschrei­tendem Alter immer labiler wurde. Die schwerste depressive Krise hat er im Jahr 1600, in der Nacht vom 25. zum 26. September kommt es zum Zusammenbruch. Aus Prag berichtet Erzherzog Matthias seinem Bruder Albrecht in Brüssel: Ich kann E. L. in brüderlichen hohen Vertrauen nit verhalten, daß die kay. Mjt, unser guter geliebter Herr und Bruder ein Zeit hero in starker Melancolia aus denen viel Jahr her getragenen schweren Sorgen Ihres obliegenden Kaisertums und Kriegs mit dem Erbfeinden geraten und mich diese Tage, da ich gleich nach dem Feldlager zur Entset­zung von Canissa auf sein Willen per posta eilends allher zu sich erfordert. Da hab ich leider die Sachen beschwer und gefährlich gefunden, dann sie sich die meiste Zeit mit Angst, Sorgen und denen Gedanken zubringen, als wollt man sie umbringen, vom Re­giment stoßen; trauen keinem geheimen Rat, Kämmerer noch Diener; haben aus sol­chem Verdacht ihre zwei ältesten geheimen Rät, den Rumpffen und Trautsamb von Hof geschafft; werfen und schlagen um sich, können weder ruhig essen noch schlafen, hal­ten sich selbst für verzaubert; und nimmt zu Zeiten die Kleinmütigkeit und Angst gar überhand, daß man Fraisen schlagen oder anderes besorgen muß. Niemand kann Ir Mjt. zu geistlichen Sachen noch zu Medizin bereden und hat ein Ansehen einer rechten Zau­berei [...]* Der Zustand Rudolfs bessert sich zunächst nicht. Am 16. Dezember 1600 heißt es in einem von Khlesl aufgesetzten Schreiben von Erzherzog Matthias an Erzherzog Albrecht, daß „der Majestät [...] höchst gefährliche Zuestandt der Laiden täglich mehr zuenimbt und nahet ad extrema khumbt“6 7. Nicht nur Rumpf und Trautson wurden entlassen, sondern alle Hofstäbe, also Obersthofmeisteramt, Oberstkämmereramt, Obersthofmarschallamt und Oberstall­meisteramt erhielten neue Leiter. Für kurze Zeit werden Karl Fürst Liechtenstein und Ottavio Cavriani sehr einflußreich. Mit ihnen eine Frau Maria von Pemstein - sie ist eine Favoritin des Kaisers und hat mit ihrer Camerilla großen Einfluß auf Rudolf II.8 Dabey behielt er er seine gewöhnliche Beschäftigung mit Mädchen, die selten über ein halbe Woche in seiner Gunst blieben, mit mahlen, mit Anstellung chymischer oder vielmehr Goldmacher-Versuche [...] Dabei entstand eine so große Frechheit und Kühn­heit bei den Günstlingen beyderley Geschlechts, daß sie die Regierung völlig an sich rissen, und in mancherlei Absicht mißbrauchten.9 Erst allmählich erholt sich Rudolf II. wieder. Der Kurfürsten von der Pfalz - ihm steht als Vicarius Regni bei Regierungsunfahigkeit des Kaisers die Regentschaft zu - läßt sich von seinem Gesandten, dem Markgrafen von Ansbach genau über 6 Österreichisches Staatsarchiv Wien, Haus-, Hof- und Staatsarchiv [in Hinkunft: HHStA] Wien, Belgien, Belgische Hofkorrespondenz, Karton 27, Stück 48. 7 Österreichisches Staatsarchiv Wien, Hofkammerarchiv [in Hinkunft: HKA] Wien, Niederösterrei­chische Herrschaftsakten (Nö. HA), W 6IB/28, fol. 14. 8 Hammer-Purgsta 11: Khlesl. Bd. I, S. 195 und Dvorsky, Jifi (Hrsg.): Kunst am Hofe Rudolfs II. Prag 1988, S. 218. 9 Gebhard: Genealogische Geschichte. Bd. 2, S. 468. 3

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