Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 46. (1998)

LILLA, Joachim: Die Bevollmächtigten für den Nahverkehr (Nbv) und ihre nachgeordneten Dienststellen in Österreich 1938 bis 1945

Zu Hummel und Pobischer, wie auch zum später noch als Nbv in Erscheinung tretenden Ministerialrat Dr. Oswald Caesmann, sind politische Beurteilungen der NS-Beamtenschaft, Gruppe Handelsministerium, vom 31. Mai 1938 überliefert44: Hummel „ist im illegalen Verzeichnis als NS-sympathisierend bezeichnet, er hat auch während der illegalen Zeit die nationalsozialistische Angestelltenschaft ge­schützt soweit es in seinem Bereiche lag“, außerdem sei er „völlig einwandfrei und fachlich tüchtig“. Pobischer, der erst 1937 ins Ministeium kam, „war hier ein unbeschriebenes Blatt. Auskünfte aus der illegalen Zeit liegen daher nicht vor. Es zeigte sich jedoch bald, daß er national gesinnt ist. [...] [Er] hat sich nach dem Umbruch zur NS-Beamtenschaft gemeldet. [...] Er ist ein pflichttreuer Beamter und derzeit dem Präsidium zur Dienstleistung zugeteilt. Während seiner hiesigen Dienstlei­stung hat er sich durchaus korrekt, anständig und pflichtgetreu verhalten.“ Caesmann „ist nach dem illegalen Verzeichnis NS-sympathisierend. Er ist ein durch­aus national eingestellter Mann, Gegner des Systems gewesen, und hat jedem national­sozialistischen Angestellten während der illegalen Zeit fördernd und sympathisierend ge­genüber gestanden. Seine fachliche Verwendbarkeit ist ausgezeichnet und obwaltet gegen ihn kein Anstand.“ Im August 1938 wurden dann die Bevollmächtigten für den Nahverkehr in Öster­reich eingesetzt: Im Wehrkreis XVII wurde der Nbv dem Reichsstatthalter in Öster­reich (Österreichische Landesregierung) in Wien angegliedert, im Wehrkreis XVIII dem Landeshauptmann in Salzburg45. Die Geschäfte des Bevollmächtigten für den Nahverkehr in Wien und Salzburg wurden den schon genannten Beamten des öster­reichischen Ministeriums für Handel und Verkehr, Ministerialrat Dr. Benno Hum­mel (Wien) und Sektionsrat Dr. Johann Pobischer (Salzburg), übertragen, die am 9. August zu diesem Zweck zum Reichsstatthalter in Wien bzw. zum Landeshaupt­mann in Salzburg abgeordnet wurden46. Die ständigen Vertreter und übrigen Beam­ten wurden erst später, nach September 1938, ernannt47. Der Reichsfinanzminister übertrug am 19. August die Wahrnehmung der Kassengeschäfte der beiden Nbv den Die Bevollmächtigten fur den Nahverkehr und ihre nachgeordneten Dienststellen in Österreich 1938 bis 1945 (Grenadier) bei der Gruppe Heeresstreifendienst beim Befehlshaber der Heeresgruppe Mitte erwähnt. Ge­gen Deischl wurde im August 1942 ein förmliches Dienststrafverfahren eingeleitet und im März 1943 vom Generalstaatsanwalt beim Landgericht Berlin Klage wegen Vergehens gegen § 1 Abs. 1 des Heimtückege­setzes erhoben; ein Hauptverhandlungstermin konnte bis September 1944 nicht anberaumt werden. Nach: Personalakten DB-ZPa Berlin; Personalvorgänge Bundesarchiv, Außenstelle Berlin-Zehlendorf (Berlin Document Center); Bayerisches Hauptstaatsarchiv München MInn 83350; Mitteilung Standesamt Nürn­berg, 3. November 1994. 44 AdR, BMfHuV Präsidium, MfWuA, ZI. Pr. Z 14.102/38. Die österreichischen Beamten scheinen wohl generell um diese Zeit (Mai 1938) politisch begutachtet worden zu sein, vgl. etwa: Ein General im Zwie­licht Bd. 2, S. 276 Anm. 4. 45 Die Nbv Wien und Salzburg sind schon im Verzeichnis der Nbv (Stand 1. September 1938, BA-KO R 2/23032 Bl. 22 ff.) aufgeflihrt. Der Nbv beim Landeshauptmann in Salzburg ist 1939 als Nahverkehrsab­teilung mit dem Zusatz „Gilt für den gesamten Bereich des XVIII. Armeekorps“ nachgewiesen, Salzburger Amtskalender 1939. 46 RuPrVM an MinR Dr. Hummel, Sektionsrat Dr. Pobischer und Ministerium für Handel und Verkehr, 9. August 1938, BMfHuV an MinR Dr. Hummel und Sektionsrat Dr. Pobischer, 17. August 1938, AdR, BMfHuV Präsidium, MfWuA: ZI. 14.984/38. Nach einer Notiz auf dem Vorblatt von AdR, BMfHuV/Verkehrsektion, MfWuA: ZI. 42.743-IV/1938 hat sich Dr. Hummel am 16. August zum Dien­stantritt beim Reichsstatthalter gemeldet und ist noch am selben Tage „zunächst nach München“ abgereist. 47 Im Anschriftenverzeichnis 1. September 1938 steht in beiden Rubriken „noch nicht bestimmt“. 157

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