Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 46. (1998)

LEHNER, Monika: Die Errichtung des k. u. k. Gesandtschaftspalais in Beijing (1896–1900)

Monika Lehner Der Gebäudekomplex für den Gesandtschaftssekretär und die Eleven/Beamten, der im südöstlichen Teil des Grundstücks errichtet werden sollte, sollte aus zwei durch einen Wirtschaftstrakt verbundenen zweigeschossigen Häusern bestehen. In dem einen sollten Arbeitsräume und die Wohnung des Gesandtschaftssekretärs, in dem anderen Wohnräume für drei unverheiratete Eleven/Beamte untergebracht werden, [siehe Abb. 4] Diese Pläne waren, da der Ankauf des Grundstücks noch nicht erfolgt war, ledig­lich provisorisch: „Sie sollen nur die allgemeine Anlage und die ungefähren Dimensionen der nach unse­rem Ermessen erforderlichen Räumlichkeiten veranschaulichen. Obschon mit Rücksicht auf den bereits approbierten Bauplatz entworfen, können dieselben mit geringen Modifi- cationen für jedes andere entsprechend grosse Terrain adaptirt werden“29. Aufgrund des provisorischen Charakters der Pläne und der unterschiedlichen Preisniveaus in Beijing und Shanghai konnten die Kosten der Baulichkeiten von den Architekten nur grob geschätzt werden. Nach ihrer Schätzung sollten die Gesamt­kosten 248 000 Taels30 betragen - Tis. 225 000 für den Bau des Hauptgebäudes, Tis. 21 000 die Gebäude für den Gesandtschaftssekretär und die Eleven/Beamten und etwa Tis. 2 000 für Stallungen und ähnliches. Rosthorn war sich der enormen Höhe der Kosten bewußt und beeilte sich, zu ergänzen: „Dazu bemerke ich, dass die obigen Ziffern Maximalschätzungen sind, dass die Bau­kosten in Shanghai überhaupt höher als im Norden sind und augenblicklich eine ganz un­gewöhnliche Höhe erreicht haben. Jedenfalls bin ich selbst mit dem Kostenvoranschlag noch keineswegs befriedigt und werde darüber noch weiter zu berichten haben. Einstwei­len füge ich zur Erläuterung nur noch hinzu, dass der Tael, in welchem die obigen Zif­fern angegeben sind, genau 3 Mark deutscher Reichswährung entspricht“31. Um konkrete Pläne ausarbeiten zu lassen, mußte in Beijing das nach längerer Su­che das als einziges für geeignet befundene Grundstück - in der richtigen Größe und in der richtigen Lage, in der Nähe der übrigen Gesandtschaften - angekauft werden. Nach längeren Verhandlungen erwarb Rosthorn dieses schließlich für £ 3224.12.7 am 20. März 189732. Die relativ lange Verzögerung glaubte er dem Ministerium des Äußern gegenüber rechtfertigen zu müssen: 29 HHStA, AR, Fach 6/28, 6-Peking-l/l 1, fol. 28r. 30 Tael bzw. Taél - Tis, chin, yin [Silber] ist die von Europäern verwendete Bezeichnung für die Silberwäh­rung. Als Zahlungsmittel im Alltag wurden Kupfermünzen (sog. Cash [chin, wen oder zhiqian] verwendet. Die Währung war jedoch nicht landesweit einheitlich, sie war vielmehr von Stadt zu Stadt unterschiedlich, sodaß von „Shanghai-Tael“, „Beijing-Tael“ etc. gesprochen wird. Aufgrund der Verhälnisse ist es nicht möglich, Wechselkurse anzugeben. Sofern im folgenden Umrechnungen in Pfund Sterling oder Gulden angegeben werden, folgen sie den Angaben in den Quellen, n „Bei dem unendlichen Chaos, das in diesen Dingen nicht nur im Reiche, sondern selbst innerhalb einzelner Provinzen herrscht, ist es nur möglich, ei­nigermaßen annähernde Gegenwerte anzugeben.“ zitiert nach Hauer Erich: Die Erzeugnisse der Provinz Tschili. Zusammengestellt auf Grund der im 30. Jahre Kuang-hsü (1904) vom Generalgouvemeur einge­forderten Berichte der Departements und Kreise. In: Mitteilungen des Seminars für Orientalische Sprachen der Friedrich-Wilhelm Universität zu Berlin, Reihe I. 11 (1908) S. 210-264, hier S. 211. 31 HHStA, AR, Fach 6/28, 6-Peking-l/l 1, fol. 28™. 32 HHStA, AR, Fach 6/28, 6-Peking-l/14, fol. 55r. (Rosthom an MdÄ, Telegramm [N° 412], Peking 1897 März 21.). 130

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