Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 45. (1997)

HÖDL, Sabine: Eine Suche nach jüdischen Zeugnissen in einer Zeit ohne Juden. Zur Geschichte der Juden in Niederösterreich von 1420 bis 1555

als Vertrag zwischen dem König und der Volksvertretung gedacht war. Der Termi­nus „Partei“ kam jedoch weder in der Verfassung noch im Wahlgesetz vor. Obwohl sich die drei Parteien stark an jenen Ländern orientierten, die ihnen die Namen gaben, wurde das Verhältnis zueinander in weiterer Folge auf eine harte Probe gestellt. Besonders die Anhänger der Englischen Partei mußten dies zur Kenntnis nehmen, als nach der sogenannten Pacifico-Affäre britische Truppen Grie­chenland von Jänner bis April 1850 blockierten. Die Französische Partei konnte ihre Anhänger nicht auf eine griechenlandfreund­liche Politik Frankreichs hinweisen. Man ließ aus Paris vermelden, daß Frankreich in keinster Weise die aggressive Politik Griechenlands gegenüber dem Osmanischen Reich unterstützen werde. Die Russische Partei profitierte zwar vom Prestigeverlust Englands; aber die bila­teralen Beziehung zwischen Rußland und Griechenland verschlechterten sich zuse­hends, bedingt einerseits durch das Ausbleiben von Raten der internationalen Anlei­hen und andererseits durch die Schwächung Rußlands im Krimkrieg. Wirtschaftliche Schwierigkeiten und eine neue, junge Politikergeneration, die den König ablehnten, führten am 12. Oktober 1862 zum Sturz von König Otto, der mit seiner Gemahlin fluchtartig das Land verließ. Das Land befand sich nun in den Händen eines revolutionären Triumvirates, das sich aus Konstantin Kanaris, Di- mitrios Vulgaris und Beniselos Rufos zusammensetzte. Zunächst wurden alle „Ottonisten“ aus den führenden Gremien entfernt, und wäh­rend der Session der Nationalversammlung von 24. bis 28. November 1862 konstitu­ierten sich zwei neue Parteien, die als Bergpartei und Talpartei (Opeivoi, fköivoi) bezeichnet wurden. Ohne jegliche Kontroversen wurde Christian Ferdinand Adolf Wilhelm aus dem Hause Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg als neuer Kö­nig Georg I. berufen, der im Oktober 1863 in Griechenland eintraf. Doch schon vorher wütete der Bürgerkrieg, der mit innenpolitischen Konflikten im April 1863 begann und mit Waffengewalt am 19. Juni eskalierte. Nach diesen Ausschreitungen wurde der Ruf nach einer Verfassung immer lauter und auch der neue König drängte mit aller Vehemenz auf die Verabschiedung einer neuen Konstitution, die am 20. Juli 1864 Wirklichkeit wurde. Diese Verfassung basierte auf dem Prinzip der Volkssouveränität. Alle Staatsgewalt sollte allein von der Nation ausgehen. Im Gegensatz zu Otto herrschte Georg als ein von der Natio­nalversammlung gewähltes Organ, die ihm die Rechte und Pflichten im Artikel 44 der Verfassung vorschrieb. In jener Zeit entstanden auf den ionischen Inseln drei Parteien. Es waren dies die Konservativen, die Liberalen und die demokratischen Unionisten, die jede Koopera­tion mit den Briten ablehnten und vehement den Anschluß an das griechische Mut­terland forderten. In weiterer Folge kam es zwischen den machthabenden Parteien immer wieder zu emstzunehmenden Problemen, die zu einem Verfassungskonflikt und zu einem Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 45/1997 - Rezensionen 362

Next

/
Thumbnails
Contents