Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 45. (1997)
HÖDL, Sabine: Eine Suche nach jüdischen Zeugnissen in einer Zeit ohne Juden. Zur Geschichte der Juden in Niederösterreich von 1420 bis 1555
Eine Suche nach jüdischen Zeugnissen in einer Zeit ohne Juden erlassen35 * * * *. 1552 wurde diese Kleiderordnung wiederholt, jedoch noch um einzelne Punkte ergänzt. So wurde den Juden verboten, die gelben Ringe zu verbergen, was offensichtlich häufig vorgekommen war. Sie sollten zur Unterscheidung von Christen gut sichtbar getragen werden. Weiters wurde festgelegt, daß Juden von nun an keine teuren Stoffe wie Samt, Atlas, Damast oder Seide tragen dürften, sondern nur aus wollenem Tuch und schlichtem Fellwerk gefertigte Kleidung. Außerdem wurde Juden verboten, gestohlene oder geraubte Güter zu kaufen. Würden solche Güter aber bei ihnen gefunden, dann sollten sie dem, der beweisen könne, daß sie ihm gehörten, ohne jegliches Entgelt wiedergegeben, die Juden aber bestraft werden40. Dieser letzte Punkt steht im Gegensatz zum mittelalterlichen Judenrecht, das den Juden durch das Marktschutzrecht ein besonderes Privileg einräumte. Eine weitere allgemeine Bestimmung war das Dekret vom 17. November 1543, in dem Ferdinand wegen zahlreicher in Österreich unter der Enns umherziehender Juden, die auch auf den Jahr- und Wochenmärkten ihre Waren anboten, befahl, daß diese Juden angehalten und wenn sie keinen Paßbrief für diese Tätigkeiten hätten, festgehalten und ausführlich-jedoch ohne Anwendung der Folter - befragt werden sollten, warum sie im Land seien. In dieser Sache hatte es schon davor Erlässe gegeben, doch wurde diesen nicht gehorcht, sondern den Juden von lokalen Behörden weiterhin gestattet, ins Land zu kommen und Handel zu treiben, was jedoch laut diesem Mandat nur zum Nachteil der Untertanen und Bürger in den Städten und Märkten sei41 42. Im Jänner 1544 kam es dann zu einer allgemeinen Ausweisung für all jene Juden in Niederösterreich, die nicht in Güns und Eisenstadt wohnten und von verschiedenen Pfandinhabem und Grundherren ohne Bewilligung dazu auf deren Besitzungen angesiedelt worden waren. Neben den Günser und Eisenstädter Juden erhielt auch noch Mändel von Zistersdorf2 eine Sonderbefreiung für seinen weiteren Verbleib. Begründet wurde die Ausweisung vom 31. Jänner nicht nur mit einem Verstoß gegen die Landesfreiheiten und die gültigen Ordnungen, sondern wiederum mit der Belastung der Untertanen durch die hohen Zinsen und Wucherverträge der Juden. Dies verführe leichtfertige Personen zu Diebstahl und vergleichbaren Handlungen. Außerdem bediene sich der erbfeindt gemainer christenhait, der turgg der Dienste der Juden und so käme es zu Verrat. Darum wurde befohlen, daß Juden, die 35 Zur Geschichte der Juden in Böhmen, Mähren und Schlesien von 90616 2 0, hrsg. von Gottlieb Bondy und Franz Dworsky. Bd. 1: 906 bis 1576. Prag 1906, S. 398-405, die Nummern 556, 558, 559, 560, 562, 563 und 564. Dazu gibt es ein weiteres Dokument in Bd. 2: 1577 bis 1620. Prag 1906, S. 1009, Nr. 1283 aus dem Jahre 1552. Die böhmische Kammer sandte König Ferdinand ein Gutachten darüber zu, wie das Mandat über den gelben Fleck abzuändem sei, damit die Juden nicht dem räuberischen Mutwillen mancher Leute zum Opfer fielen. 40 Druck bei P r i b r a m: Urkunden und Akten (wie Anm. 3), S. 13-14, Nr. 6. Dazu kurz auch Messing: Beiträge zur Geschichte der Juden (wie Anm. 3), S. 32. Laut Gold: Geschichte der Juden in Wien (wie Anm. 4), S. 16, mußte die Verordnung von 1551 im Jahre 1554 wiederholt werden, er bringt allerdings keine Belegstelle, so ist diese Aussage, da auch Pribram diesen Vorgang nicht erwähnt, anzuzweifeln. 41 HKA Wien, NÖ HA, Fasz. W 61/C 43, fol. 8r (1543 November 17). Druck bei Pribram: Urkunden und Akten (wie Anm. 3), S. 5-6, Nr. 2. Dazu weiters Hruschka: Geschichte der Juden in Krems (wie Anm. 4), S. 121, Messing: Beiträge zur Geschichte der Juden (wie Anm. 3), S. 20 und Scherer: Die Rechtsverhältnisse der Juden (wie Anm. 3), S. 450. 42 Vgl. unten Abschnitt 3. 3. 283