Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 45. (1997)

BRAUN, Gerd: Schloß Ambras als Sommerresidenz des Erzherzogs Carl Ludwig

Schloß Ambras als Sommerresidenz des Erzherzogs Carl Ludwig für den Gang im ersten Stock Beschädigungen im Hof zu vermeiden, wurde diese Arbeit zunächst zurückgestellt. Der Erzherzogstatthalter hatte Anfang Juni seinem kaiserlichen Bruder das über­arbeitete Projekt Försters überreicht, der dieses zur Prüfung durch die Hofbehörden an Liechtenstein weitergab. Noch im gleichen Monat konnte der Obersthofmeister das Ergebnis der Prüfung mitteilen: Die vorliegenden Anträge beziehen sich auf die äußere Umgestaltung des Hochschlos­ses, zu deren Versinnlichung eine Zeichnung der künftigen Ansicht beigebracht wurde, wonach dieses Schloß mit Zinnen, Erkern, Baikonen und Türmen zu versehen wäre. Auch wird die Absicht ausgesprochen, dasselbe grau zu befärbeln und die glatten Mau­erflächen durch eingeritzte Fugen zu quadrieren. Liechtenstein hatte sich zuvor mit Ludwig Förster in Verbindung gesetzt, um von ihm Einzelheiten über die geplante Dachgestaltung zu erfahren. Förster „beab­sichtige, den dermaligen hohen Dachstuhl des Hauptschlosses ganz zu kassieren und dafür ein neues Dach derart zu konstruieren, daß dasselbe durch den Zinnenkranz gänzlich maskiert werden kann, ... wodurch übrigens das Ansehen des Schlosses nur an Monotonie verlieren werde“. Er hatte noch einen hölzernen Turm geplant, der jedoch von Liechtenstein wegen der Feuergefahr für die benachbarte Ambraser Sammlung abgelehnt wurde. Akzeptiert wurde vom Obersthofmeister das Architek­tenhonorar, das auch die Bauleitungsmittel für Heinrich Förster mit einschloß. Liechtenstein bat den Kaiser in diesem Sinne, Ludwig Förster mit dem Projekt zu betrauen. Anfang Juli unterrichtete Franz Josef seinen Bruder und den Obersthofmeister über seine Entscheidung, wobei zu erkennen ist, daß er über das vorliegende Projekt wohl nicht sonderlich begeistert war. Leider haben sich auch diese Pläne Ludwig Försters nicht erhalten. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, daß die gleiche Krenelierung - wie sie später am Vorschloß zur Ausführung kam -auch das Haupt­gesims des Hochschlosses umziehen sollte41. Der von Förster gepflegte „Rheinische Burgenstil“, zuvor in der Schützenzeitung emphatisch gefeiert, entsprach nicht mehr den Vorstellungen über das Erscheinungbsild einer mittelalterlichen Burg. So schrieb August von Cohausen 1860 in den Bonner Jahrbüchern'. Statt solchen Bauten durch ein gutes Dach nebst der Dauerhaftigkeit auch den Charak­ter des Heimischen, Geborgenen und Warmen zu geben und gewissermaßen aus der Hö­he des Daches auf die Tiefe und Fülle des Gebäudes schließen zu lassen, gibt man ihnen durch den Mangel sichtbarer Dächer außer dem Keim der Zerstörung statt der beabsich­tigten südlichen Heiterkeit nur unheimliche Kälte und ein gewisses unwahres, masken­haftes Ansehen, das uns durch die langen Zinnenreihen angrinst, während hohe Dächer mit spitzen Dachfenstern, mit zierlichen Firstenkrapen und wohlsilhouettierten Wetter­fähnchen, und mit gastfrei rauchenden Schornsteinen, im Mosaikschmuck bunt glasierter HHStA Wien, OMeA, Rubrik 81/F/4, Jg. 1857 vom 24. Juni 1857 und a. h. Entscheidung vom 2. Juli 1857. 97

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