Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 44. (1996)
STRIMITZER, Birgit: Der k. k. Staatsrat Friedrich Freiherr Binder von Krieglstein, Freund und Sekretarius des Staatskanzlers Kaunitz. Ein Beitrag zur Klientelpolitik der maria-theresianischen Epoche
für die Vorbildwirkung der maximilianischen Befestigung der Stadt Linz in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts bei. Michael John präsentiert Ergebnisse des Forschungsprojekts „Sozial- und Wirtschaftsstruktur einer österreichischen Mittelstadt am Beginn der Industrialisierung“ der Universität Linz unter dem Titel „Land in Veränderung. Oberösterreich zur Zeit der Industrialisierung. Zu Aspekten der Wirtschaftsentwicklung, Migration und Urbanisierung im 19. Jahrhundert“ (S. 313-347). An Hand sorgfältig ausgewerteter statistischer Daten wird der Nachweis erbracht, daß verzögernde Faktoren ein Zurückbleiben der Entwicklung gegenüber Wien bewirkten (Schlagwort: „Provinzialisierung der Provinz“). „Das oberösterreichische Gemeindevermittlungsgesetz von 1889“ (von Pater G. Mayr, S. 349-371) ermöglichte die Schlichtung von Streitigkeiten durch Einrichtungen der Gemeinden zur Entlastung der Gerichte. Diese (erste) Abhandlung schildert die Entstehung dieses Gesetzes, das für Oberösterreich besondere Bedeutung hatte, beginnend von den ersten Ansätzen im Jahr 1860. Die Rezensionen (S. 393-419) sind von gewohnter Qualität. Otto Friedrich Winter, Wien Morin, Edgar: Europa denken. Aus dem Französischen von Linda Gränz. Frankfurt-New York: Campus 1988. 219 S. Ein schmaler, aber be Wunders wert „dichter“ Band, in dem „Europa“, europäische „Identität“, in einer Weise radikal bedacht und gedacht wird, wie es uns anderen vielfach erst durch die europäischen Umwälzungen der letzten Zeit nahegelegt und als notwendig vor Augen geführt wurde: eine hochaktuelle und vielen - auch dem durch die jüngsten europäischen Enwicklungen herausgeforderten und auch überforderten Historiker - sicher nicht unwillkommene „Europa“-Denkhilfe. 1973 veröffentlichte der französische Biologe Edgar Morin sein großes Werk „Le paradigme perdu: La nature humaine“, das ein Jahr später unter dem Titel „Das Rätsel des Humanen“ auch in deutscher Sprache erschien und seinen Verfasser endgültig in eine „Kategorie“ von Denkern einreihte, die sich - zumindest in unseren Breiten - bei vielen nicht gerade übermäßiger Beliebtheit erfreuen: Grenzüberschreiter, „Fach“-Überschreiter, „offene“ Denker (nicht so ganz zufällig ist die naheliegende Bezeichnung „Intellektueller“ bei uns seit langem in Verruf geraten, und ebensowenig zufällig sieht Morin in seinem „Europa“-Buch gerade diesen „Intellektuellen“ - in seiner redlichsten Gestalt als den europäischen Menschen schlechthin). Näherte sich der 1921 geborene Wissenschaftliche Direktor am renommierten „Centre National de la Recherche“ (Paris) im „Rätsel des Humanen“ auf unkonventionelle Weise dem „unbekannten“ Menschen, dem unerforschten „Sapiens- demens“, die Ansprüche der isolierten, hochmütigen Einzelwissenschaften, „durch die wie mit einem Hackmesser der komplexe Gegenstand zerlegt wird“ Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 44/1996 - Rezensionen 388