Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 44. (1996)
KALMÁR, János: Regierungsnormen Karl Habsburgs (Karl VI.) vor seiner Kaiserwahl im Jahr 1711
sehen bereits begonnen und konnten kurz darauf auch erfolgreich beendet werden. Die einzige noch offene Frage betraf das Verhalten der legitimen Regierung - vor Karls Rückkehr nach Wien mit der Regentin Eleonora Magdalena an der Spitze - gegenüber dem „rebellischen“ Land. Und darauf gab Karl eine ganz eindeutige Antwort: ... mein willen ist undt man absonderlich acht geben solt, mit mehr klimpf diese Nacion zu tractiren undt ihnen zu zeigen, daß ich von ihnen gleich anderen confidenz mach und sie estimire auch man zeig den Ungarn, daß man sie mit aller iustiz undt lieb gubemiren will. Weiters plädiert er auch dafür, ungarische Truppen aufzustellen, die man allerdings nur dort stationieren sollte, wo die Regierung kein illoyales Verhalten zu befürchten habe2. Die Ausbeutung des Landes und die Ausschreitungen der kaiserlichen Soldateska hielt der König für prinzipielle Ursachen des Aufstandes, und er schrieb deshalb seiner Mutter, daß es seiner Meinung nach nicht ausreiche, das Unrecht zu bestrafen; man müsse vielmehr die Bedingungen insofern verändern, daß es gar nicht erst zu Beschwerden komme. Aus Liebe zur Nation und im Sinne der allgemeinen Ruhe und Ordnung erklärt Karl sich bereit, das Vergangene zu vergessen und die Ungarn nicht als Unterworfene, sondern als treue Untertanen väterlich zu behandeln. Seiner Meinung nach wäre es ratsam, alle Privilegien des Landes, die seiner Würde und den Interessen des Erzhauses nicht zuwiderliefen, zu respektieren3. (Dieser Entschluß zeigt gewisse Ähnlichkeiten mit jener im Mai 1711 an die Regentin adressierten Bitte der ungarischen Magnaten.)4 Darüberhinaus, so Karl, solle man einige begabte, namhafte ungarische Untertanen für gewisse Aufgaben heranziehen, um den Ungarn Vertrauen zu beweisen, wobei jedoch darauf geachtet werden müsse, „daß ihnen die Gelegenheit, böse Dienste zu thun ..., in die Hände nit gespielt werde“5. Schließlich gibt Karl die Zusage, in Kürze einen Landtag in Ungarn einzuberufen6. Als die Regierung einige - wenn auch nur unbedeutende - der von den Aufständischen akzeptierten Szatmárer Friedenspunkte einseitig modifizierte7, kritisierte der König diesen Willkürakt, da seiner Meinung nach die Glaubwürdigkeit des Hofes darunter leiden werde; bei dieser Gelegenheit wiederholte er seine schon öfters geäußerte Ansicht, daß Ungarn ebenso wie die anderen Länder des Habsburgerreiches zur allgemeinen Zufriedenheit regiert werden müsse8. Diese letztere Willenskundgebung schien übrigens gar nicht überflüssig betont zu werden, denn es war die Regentin selbst, die die Anwendung jener in den andeRegierungsnormen Karl Habsburgs vor seiner Kaiserwahl 1711 2 Arneth: Correspondenz König Karls III., S. 160. 3 Haus-, Hof- und Staatsarchiv [HHStA] Wien, Staatenabteilungen Spanien, Hofkorrespondenz, Karton 12, Mappe 71, fol. 99". 4 Lukinich, Imre: A szatmári béke története és okirattára. Budapest 1925 (Fontes historiae Hungari- cae aevi recentioris), S. 362, Anm. 3. 5 HHStA Wien, Staatenabteilungen Spanien, Hofkorrespondenz, Karton 12, Mappe 71, fol. 99". 6 An eth: Correspondenz Kong Karls III., S. 207. Bánkúti, Imre: A szatmári béke. Budapest 1981, S. 118. 8 Lukinich: Aszatmári béke, S. 568-569. 139