Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 42. (1992)

AGSTNER, Rudolf: Von der österreichisch-ungarischen Botschaft zum österreichischen Generalkonsulat Berlin. Zur Geschichte der k. u. k. bzw. österreichischen Vertretungsbehörden in der deutschen Hauptstadt 1871–1991

Rudolf Agstner len Andrange und dem Mangel an Sitzgelegenheiten sind Ohnmachtsanfälle und andere unliebsame Auftritte unter den Frauen leider eine immer häufigere Erscheinung gewor­denem ähnlicher Andrang findet vor dem Zimmer statt, wo die Paßamtshandlungen erledigt werden ... Die Placierung der vermehrten hieramtlichen Beamten und der zahlreichen freiwilligen Hilfskräfte, die ich zur Bewältigung der Mehrarbeit gewinnen könnte, ist gegenwärtig wegen Raummangels bereits fast zur Unmöglichkeit geworden. Die Manipulierung mit den Akten führt aus dem gleichen Grunde zu recht störenden Unzukömmlichkeiten. Ich bemerke beispielsweise, daß an meinem Schreibtische stän­dig 3-4 freiwillige Kräfte arbeiten, ich zumeist stehend an einem kleinen Tische die Akten erledige und eine weitere freiwillige Hilfskraft an dem dritten im Zimmer noch befindlichen Tische arbeitet. Im Zimmer des Konsuls von Alth, das nur 3 auf 3 1/2 m im Quadrat mißt, arbeiten außer ihm abwechselnd noch 3 freiwillige Kräfte, wobei in die­sem wie in den übrigen Zimmern am Vormittage ein ununterbrochener Parteienverkehr stattfindet. Die Zustände in der Paßkanzlei sind ... ganz unhaltbar geworden. Ebenso ist das Zimmer, wo die Militärangelegenheiten behandelt werden und das ca. 4 m im Qua­drat mißt, stets überfüllt und bietet den daselbst arbeitenden 4 Beamten nicht die gering­ste Bewegungsfreiheit. Konsularkanzleisekretär Wägeier ist gezwungen, seine meiste Arbeit zu Hause zu verrichten, da für die Konzeptsarbeiten in Familienunterhalts-Ange­legenheiten sowohl der Platz, als auch die nötige Ruhe fehlt. Auf die Nachteile dieses Zustandes besonders einzugehen, erübrigt sich wohl angesichts der Tatsache, daß von einem kanzleimäßigen Arbeiten in der Mehrzahl der Zimmer nicht mehr gesprochen werden kann, daß in meinem, als auch in den übrigen Zimmern einer Partei eine Sitzge­legenheit anzubieten sowohl wegen Mangel an Raum als an Stühlen zur Unmöglichkeit geworden und auch kein Raum verfügbar ist, wo mit Parteien ein vielfach von diesen selbst gewünschtes vertrauliches Gespräch geführt werden kann. Wenn schon bisher das Auslangen mit den Amtsräumen nur mit den größten Schwierigkeiten und nur dank der anerkennenswerten Selbstverleugnung der Beamten gefunden werden konnte, so muß dies in Zukunft in Anbetracht der nach Anberaumung der kommenden Musterung mit Sicherheit zu erwartenden weiteren Zunahme des Verkehrs als vollkommen ausge­schlossen gelten“112). Angesichts dieser Sachlage ersuchte Szarvasy um Ermächtigung zur Anmietung eines zweiten Amtslokals, in welches die Familienunter­halts-Abteilung verlegt werden sollte. Durch Mietvertrag vom 15. Mai 1915 wurde in der Reithstraße 5, 1. Etage eine Wohnung bestehend aus 1 Entrée, 11 Zimmern und Zubehör für 3500 Mark im Halbjahr ange­mietet und diese zusätzlichen Amtsräume bereits am 18. Mai 1915 be­zogen113). Der Mietvertrag für die Räumlichkeiten in der Reithstraße 5 wurde zuletzt am 12. September 1918 bis zum 1. April 1920 verlängert. Nach dem Ende der Monarchie diente dieses Amt dem ungarischen General­konsulat, dem Tschechoslowakischen Generalkonsulat, dem liquidie­renden ö-u Hilfsverein und der Unterhaltsabteilung des deutsch-österr. Generalkonsulates, die sich die Amtsräume und aliquote Miete folgen­dermaßen teilten: 112) HHStA, AR F 8, K 85, 8 Berlin 15, Bericht 19.577A vom 1.5. 1915 113) HHStA, AR F 8, K 85, Bericht 23.511A vom 28.5. 1915, f.53 296

Next

/
Thumbnails
Contents