Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 42. (1992)

WURM, Heidrun: Entstehung und Aufhebung des osmanischen Generalkonsulates in Wien (1726–1732). Eine Relation Heinrich von Penklers aus dem Jahre 1761

Heidrun Wurm statte hätten, und er berief sich dabei darauf, daß die Christen ja auch in der Türkei einige Kirchen besäßen63). Ich blieb in enger Verbindung mit cOsmän Efendi in Vidin, darauf hof­fend, etwas zur Aufhebung des Schahbenderamtes beitragen zu kön­nen; allein, es wollte sich zunächst nie eine Gelegenheit ergeben, die Sache in diese Richtung zu steuern. Am letzten Septembertag des Jahres 1750 wurde Sultan Ahmed III. ab­gesetzt und Sultan Mahmüd auf den Thron erhoben. Die Rebellion, die diese Umwälzung verursacht hatte, stürzte auch sämtliche Freunde cÖmer Agas ins Unglück64). Mir kam sofort in den Sinn, daß dieses Ereignis unserer Sache dienlich sein könne. Mit Genehmigung des Prinzen Eugen schrieb ich wieder an cOsmän Efendi. Seine Antwort erreichte mich im Januar 1731 in Bel­grad, wohin ich mich begeben hatte, um an der Grenze den zur feierli­chen Notifikation der Thronbesteigung Sultan Mahmüds an den kaiser­lichen Hof entsandten Mustafa Efendi zu empfangen. cOsmän Efendi schrieb mir in diesem Brief, den ich, mit der Bitte um weitere Instruk­tionen, an den Hofkriegsrat einsandte, Topal cOsmän Pasa schlage vor, einige vom Schahbender geschädigte deutsche und türkische Kaufleute zu veranlassen, ihre Beschwerden niederzuschreiben; der Prinz solle sie anschließend ihm, dem Pascha, als Klageschriften zusenden. Er würde sie mit allen Einzelheiten nach Konstantinopel übermitteln und außerdem auch den amtierenden Großmufti65) ausführlich über das 63) Gemeint ist hier das unter anderem durch die Kapitulationen gesicherte Recht der fremden Christen auf öffentliche Religionsausübung; ein solches wurde Muslimen in christlichen Staaten nicht zugestanden, dazu Johann Jacob Moser Grundsätze des jetzt üblichen europäischen Völkerrechts (Hanau 1750) 405 und Mouradgea d’Ohsson Ta­bleau 5 43, 114. Bis zur Eröffnung der ersten Moschee in Wien sollten noch 250 Jahre vergehen, vgl. Erste Moschee in Österreich. Berichte, hrsg. von Franz Loidl (Wiener Katho­lische Akademie, Miscellanea C, Wien 1979). "Omer Aga war mit den Begründern der damals entstehenden osmanisch-griechischen Kirchengemeinde in Wien, Georgios Tra- nezuntios Hypomenas und Demetrio Paraskobitzes (Paraskoviz, Parascovivi), liiert, Cha- ralambos Papasthathis, Un document inédit de 1126-1121 sur le conflit helléno-serbe concernant la chapelle grecque ä Vienne in Balkan studies 24 (1983) 586, 598. Für die Übersetzung aus dem Griechischen danke ich Dr. Winfried Uellner, Hamburg. 64) Der Aufstand des Patrona Halil, eines der blutigsten Ereignisse in der Geschichte der osmanischen Hauptstadt, hatte seinen Nährboden in den prekären wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen breiter Bevölkerungskreise und Mißstimmung über Ver­schwendungssucht und Verwestlichungstendenzen des Großwesirs und seines Anhangs, dazu Aktepe Patrona isyam passim u. Mélikoff Läle devri 642 f. Der Thronwechsel fand am 2. Oktober in aller Frühe statt, nachdem der Großwesir und zwei seiner Schwieger­söhne bereits am 30. September hingerichtet worden waren, Aktepe Patrona isyam 125- 130, 155 ff. 65) Der Mufti von Istanbul, Seyhulisläm tituliert, war, als Oberhaupt der muslimi­schen Geistlichkeit des Reiches, an Würde und Einfluß dem Großwesir vergleichbar. 172

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