Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 42. (1992)
WURM, Heidrun: Entstehung und Aufhebung des osmanischen Generalkonsulates in Wien (1726–1732). Eine Relation Heinrich von Penklers aus dem Jahre 1761
cÖmer Aga in Wien (1726-1732) An der Grenze zu Parakin55) wurde cÖmer Aga wie ein Gesandter empfangen, da man annahm, er werde danach nicht mehr nur als simpler Konsul oder Schahbender in Wien bleiben wollen - worüber man sich jedoch gründlich täuschen sollte. In Wien wurde ihm ein höflicher Empfang bereitet, man gewährte ihm auch eine Audienz beim Kaiser sowie einen großzügig bemessenen täglichen Unterhalt. Nach Beendigung aller wichtigen Förmlichkeiten ging man dazu über, ihm große Geldbeträge anzubieten, damit er nach Ablauf der für Gesandte üblichen Aufenthaltsdauer nach Konstantinopel zurückkehre und der Pforte erkläre, eines ständigen Schahbenders in Wien bedürfe es nicht, da die türkischen Untertanen dort ohnehin gut protegiert würden56). cÖmer Aga, der, wie bereits erwähnt, sehr schlau war, tat so, als sei er einverstanden, müsse sich aber erst an die Pforte wenden57). Dadurch wollte er Zeit gewinnen und den großzügigen Unterhalt noch möglichst lange genießen. Er wußte sehr wohl, daß er der Pforte den Beschluß, ihn nach Wien zu senden, schwerlich wieder ausreden durfte, nachdem er so lange darauf hingearbeitet hatte. Die Zeit verstrich, die Spesen liefen monatelang weiter, bis man gewahr wurde, von cÖmer Aga überlistet worden zu sein. Darauf hob man sein Gesandtengehalt auf und behandelte ihn nur noch als simplen Schahbender58), gewährte ihm allerdings die tägliche Verpflegung durch den Entstehung und Aufhebung des osmanischen Generalkonsulats Erschließung von Leben und Schriften dieser originellen osmanischen Persönlichkeit ist bekanntlich hauptsächlich das Verdienst Richard F. Kreuteis, s. weitere Literaturangaben von Klaus Kreiser in Historische Bücherkunde Südosteuropa, hrsg. von Mathias Bernath, 2, 1 (München 1988) 84 f unter Nr. 361 u. 363. 55) Parakin (serb. Paracin), seit dem Passarowitzer Frieden kaiserliche Grenzstation an der Heerstraße Belgrad-Nisch-Istanbul. 56) Das Verhältnis zwischen den osmanischen Kaufleuten und den kaiserlichen Behörden war in Wirklichkeit durch Rechtsmißbräuche beider Seiten belastet, ausführlich dazu Herzfeld Orienthandelspolitik 254f. 57) Über die Hintergründe eines entsprechenden Schreibens cÖmer Agas an die Pforte wurde diese durch den Fürsten der Walachei aufgeklärt. Der französische Botschafter Andrezel gab der Pforte von seinem Amtskollegen in Wien erhaltene Informationen andeutungsweise zur Kenntnis und erhielt zum Dank das Versprechen, über alle Frankreichs Interessen berührenden Vorgänge auf dem Laufenden gehalten zu werden, Hurmuzaki Documente Supl. 1,1 456 f Nr. DCLXXI (Bericht Andrezeis vom 13. Oktober 1726). 58) Der schwäbische Völkerrechtler Moser, ein Schützling des Reichsvizekanzlers Friedrich Graf von Schönborn, führt ihn daher als seltenes Beispiel eines Gesandten auf, der seinen Status nach einer Weile mit dem erheblich niedrigeren eines Konsuls tauschte, Johann Jacob Moser Der Belgradische Friedensschluß (Jena 1740) 35; vgl.a. Repertorium der diplomatischen Vertreter aller Länder 2 407. Nach Ansicht der Pforte standen dem Schahbender dieselben Rechte und Vergünstigungen wie dem kaiserlichen 169