Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 42. (1992)

WURM, Heidrun: Entstehung und Aufhebung des osmanischen Generalkonsulates in Wien (1726–1732). Eine Relation Heinrich von Penklers aus dem Jahre 1761

HEIDRUN WURM ENTSTEHUNG UND AUFHEBUNG DES OSMANISCHEN GENERAUKONSULATS IN WIEN (1726-1732) Eine Relation Heinrich von Penklers aus dem Jahr 1761 1. Einleitung Es ist ein kaum beachtetes Verdienst Joseph von Hammer-Purgstalls, auf eine Episode aus den Jahren unmittelbar nach dem Passarowitzer Frieden (1718) hingewiesen zu haben1), die heute als wohl frühester Versuch des Osmanischen Reiches zu werten ist, eine ständige auswär­tige Vertretung zu errichten, und zwar ein Generalkonsulat in Wien2). Rechtsgrundlage der von 1726 bis 1732 bestehenden Einrichtung, der ein gewisser cÖmer Aga als Konsul (türk. Schahbender) Vorstand, war der anläßlich des Passarowitzer Friedensschlusses auf Betreiben Öster­reichs zustande gekommene erste förmliche österreichisch-osmani- sche Handels- und Schiffahrtsvertrag vom 27. Juli 1718. Hatten die Österreicher damit der Hohen Pforte endlich die so lange vergeblich erhofften umfassenden Handelsprivilegien (Kapitulationen) abgerun­gen, die den europäischen Staaten den Zugang zum lukrativen Levante­handel sicherten3), so hatte diese im sechsten Artikel des Vertrages, 1) Joseph von Hammer-Purgstall Geschichte des Osmanischen Reiches 7 (Pest 1831) 313, 342-344, 368, 415, die herangezogenen osmanischen Originaldokumente aufge­führt in 9 (Pest 1833) 620 unter Nr. 3262 und 3263 sowie 625 unter Nr. 3319. 2) Als Begründer der modernen osmanischen Diplomatie gilt Sultan Selim III. (1789- 1807), der in den Jahren 1793-1797 die ersten ständigen Gesandtschaften in London, Paris, Berlin und Wien errichten ließ, Ercümend Kuran Avrupa’da Osmanli ikamet elgili- klerinin kurulugu ve ilk elsflerin siyasi faäliyetleri. 1793-1821 (Ankara 1968) passim; vgl. a. Carter W. Findley Bureaucratic reform in the Ottoman Empire. The Sublime Porte 1789-1922 (Princeton, N.J., 1980) 126 ff. Schwieriger zu bestimmen sind die Anfänge des osmanischen Konsularwesens, vgl. die Angaben bei M. Tayyib Gökbilgin Art. Konsolos in Islám ansiklopedisi (zit. IA) 6 (Istanbul 2 1967) 839f; Kuran Osmanli ikamet elgilikleri 51 f; Findley Bureaucratic reform 127fmit den Ergebnissen von Ferdinando Buonocore Consoli o procuratori di Tripoli e di Tunisi nelle Due Sicilie. E cenni ad altri consoli o agenti di paesi musulmani nell’epoca precoloniale in Africa 31 (Roma 1976) 257-276. 3) Hammer Geschichte 7 233-237. Summarische Angaben über den Passarowitzer Handelsvertrag und vorangegangene österreichisch-osmanische Handelsabmachun­gen, bei Halil Inalcik Art. Imtiyäzät-II. The Ottoman Empire in Encyclopaedia of Islam. New edition (zit. EP) 3 (Leiden 1971) 1185 f. Die von inalcik nicht erwähnten, in der Literatur aber immer wieder aufgeführten angeblichen ersten österreichischen Kapitu­lationen von 1617, eine Entdeckung Hammers, bedürfen einer gründlichen Untersu­chung, vgl. Hammer Geschichte 4 (Pest 1829) 488; 7 21; Joseph Grunzei Die Handelsbe­152

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