Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 42. (1992)

ERNST, Hildegard: Geheimschriften im diplomatischen Briefwechsel zwischen Wien, Madrid und Brüssel 1635–1642

HILDEGARD ERNST GEHEIMSCHRIFTEN IM DIPLOMATISCHEN BRIEFWECHSEL ZWISCHEN WIEN, MADRID UND BRÜSSEL 1635-1642 Bei der Ausarbeitung meiner Dissertation „Madrid und Wien 1632- 1637. Politik und Finanzen in den Beziehungen zwischen Philipp IV. und Ferdinand II.“1) bin ich insbesondere im Haus-, Hof- und Staats­archiv in Wien auf zahlreiche verschlüsselte Schreiben gestoßen. Die meisten dieser Stücke waren ohne weiteres lesbar, weil der Sekretär des Empfängers die Entzifferung auf den Briefrand oder auf ein bei­liegendes Blatt geschrieben hatte. Die Akten enthielten aber auch Briefe, bei denen sich keine Decodierung fand. Einige Blätter wiesen nicht ein einziges Klartextwort auf, auch keinen Hinweis auf Absen­der oder Empfänger noch irgendeinen Kanzleivermerk oder ein Da­tum. Solche Funde veranlaßten mich, den Code anhand der ent­schlüsselten Textstellen anderer Schreiben zu rekonstruieren, um auch die nicht decodierten Akten in meine Untersuchung einbezie­hen zu können. Etwa zwanzig Codes konnten so mehr oder weniger vollständig re­konstruiert und angewandt werden. Einer davon fand sich später im Original im Haus-, Hof- und Staatsarchiv2). Auf die Rekonstruktion selbst wird weiter unten eingegangen. Natür­lich war ein gewisser Zeitaufwand für diese Arbeit nötig, aber er hat sich gelohnt. Am Ende waren nämlich nicht nur die vorher unzu­gänglichen Texte lesbar; die Kenntnis der Chiffren brachte auch noch in anderer Hinsicht Nutzen: Viele Dechiffrierungen waren nur schlecht leserlich. Mit Hilfe der Codes konnte auf den verschlüsselten Text zurückgegriffen werden (die Geheimzeichen sind meist deutlich geschrieben). Einige Male stellte sich bei Anwendung einer Chiffre heraus, daß auf gesonderten Blättern befindliche Entzifferungen den falschen Schreiben zugeordnet waren. In anderen Fällen traten Feh­ler zutage, die der Sekretär bei der Decodierung gemacht hatte; nicht selten fehlten ganze Sätze. 1) Die Arbeit ist 1991 in Münster als Band 18 der Schriftenreihe der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte e. V. erschienen. Da die Untersuchung ursprüng­lich bis zum Beginn der Westfalischen Friedensverhandlungen reichen sollte, habe ich die Akten bis 1642 durchgesehen. Die Auswertung der Korrespondenz der Jahre 1637- 1642 ist noch in Arbeit. 2) HHStA, Staatskanzlei, Interiora, 14, fol. 329. 102

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