Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 40. (1987)
LUNITZ, Martin: Diplomaten im 16. Jahrhundert. Zum Problem der Finanzierung ständiger Gesandtschaften am Beispiel der Botschafter Kaiser Karls V. in Frankreich und England
Diplomaten im 16. Jahrhundert 9 Mauris, Renard, Jonglet, Chapuys, Maioris, van der Delft und Scheyfve voll davon. Wie ist dieser Umstand zu erklären? Bei einem Blick in die beigegebene Übersicht der ständigen Gesandten erweisen sich die meisten als Ratsherren und „maistres des requestes“, also als Spitzenbeamte der burgundischen Zentralverwaltung. Im Gegensatz zu den adeligen Botschaftern und jenen aus dem hohen Klerus stellte für sie der Dienst in der fürstlichen Verwaltung die Lebensgrundlage dar. Nachforschungen über ihre soziale Herkunft, ihre Ausbildung und Karriere, die hier nicht weiter ausgebreitet werden sollen, haben ergeben, daß es sich um Familien handelte, die in der Provinzialverwaltung oder im Magistrat einer Stadt bereits eine wichtige Rolle spielten. Mit den oben genannten Mitgliedern war ihnen nun der Schritt in die burgundische Zentralverwaltung gelungen, was bei den Beamten bürgerlicher Herkunft meist mit der Erhebung in den Adelsstand, beim niedrigen Adel oft mit einer Standeserhöhung verbunden war. Die Fähigsten, Zielstrebigsten und Ehrgeizigsten dieses neuen Amtsadels, wie zum Beispiel Nicolas Perrenot de Granvelle, schafften es danach sehr rasch, sich durch den Ankauf von Adelsgut und die Pflege adeliger Lebensformen dem alten Adel äußerlich anzugleichen33). Die materielle Unabhängigkeit, die Granvelle bereits sehr früh erreichte34), stand bei den meisten anderen erst am Ende ihrer Karriere. Wurden nun diese Leute in der Diplomatie als ständige Gesandte eingesetzt, und gerade unter den kaiserlichen Botschaftern in Frankreich und England trifft man zunehmend auf diese Beamtenkategorie, so ergaben sich Umschichtungen, deren Folge die stereotypen Klagen in den Depeschen sind35). Eine Herzogs und Königs von Kastilien an nichts fehle: Négociations diplomatiques entre la France et l’Autriche ed. André Le Glay, 1 (Paris 1845) 111-130: Naturei an Philipp, 1506 April 22, besonders 122. 33) Hilde De Ridder-Symoens Adel en Universiteiten in de zestiende eeuw. Humanistisch ideaal of bittere noodzaak? in Tijdschrift voor geschiedenis 93 (1980) 410-432, hier 421. 34) In den Diensten Margaretes von Österreich stieg Nicolas Perrenot zu einem der wichtigsten Räte der Regentin auf. Noch während der Gesandtschaft in Frankreich kaufte er die Herrschaft Granvelle. Am 14. August 1527 erhielt er von Karl das Amt des Richters der Franche-Comté. Im Jahre 1529 war er bereits so begütert, daß er seinem Protektor, dem Großkanzler Gattinara, ohne Schwierigkeiten 1000 Dukaten leihen konnte (AGR Conseil d’Etat et Audience 1547 fol. 29r). Zur Karriere des älteren Granvelle auch Maurits van Durme Antoon Perrenot, Bisschop van Atrecht, Kardi- naal van Granvelle, Minister van Karel V en van Filips II (1517-1586) (Brussel 1953) 27f. Für seine Lebensdaten brauchbar Daniel Antony - Monique Humbert Un grand ministre de Charles-Quint: Nicolas Perrenot de Granvelle (Besangon 1983). 35) Zudem versuchte man zu verhindern, daß sich die Spitzenbeamten Nebeneinkünfte erschlossen, wie es noch bei de Puebla der Fall gewesen war. Karl befahl der Regentin Marie von Ungarn im Jahre 1531 ausdrücklich, darauf zu achten, daß die Mitglieder der conseils collatéraux von niemandem sonst ein Gehalt oder eine Pension bezogen als von ihm: Recueil des Ordonnances des Pays-Bas Série 2/3 (Bruxelles 1902) 260f: Instructions particuliéres de l’empereur ä la Reine de Hongrie, 1531 Oktober 7. Für die am Hof anwesenden Beamten war dies vielleicht auch praktikabel, für die kaiserlichen Vertreter im Ausland jedoch nicht. Aber auch am Hofe blieb es wohl beim Wunsch