Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 39. (1986)
AUER, Leopold: Historische Friedensforschung (Literaturbericht)
476 Literaturberichte Marshall ließen nur die Bereitschaft zu, die Verhandlungen nicht abzubrechen und die Österreich-Frage getrennt von der deutschen Frage zu behandeln. Nach weiteren Jahren erfolgloser Gesprächsrunden ließen erst Ergebnisse auf der Berliner Konferenz im Jahre 1954 (S. 202) Optimismus für einen österreichischen Staatsvertrag aufkommen; einen Optimismus, dem die Geschichte ausnahmsweise recht gab. Neben den militärischen Überlegungen, nämlich der Einbeziehung Österreichs in eine Westmächtestrategie (S. 260—305), läßt die Vfn. im weiteren Abschnitt eine Darstellung über die österreichisch-französische Wirtschaftspolitik (S. 222-259) folgen. Frankreich, durch Kriegseinwirkungen selbst arg geschwächt, konnte Österreich bei seinem Wiederaufbau keine materielle Hilfe bereitstellen. Trotzdem hat die französische Regierung größtes Interesse gehabt, „daß Österreich rasch wirtschaftlich lebensfähig wurde, weil sie darin eine der notwendigen Grundlagen für die politische Stabilität des Landes nach Besatzungsende sah, und weil ihr an der allgemeinen Konsolidierung Mitteleuropas gelegen war“ (S. 51). 1947 Unterzeichnete Österreich in Paris das für seine weitere wirtschaftliche Entwicklung und Gesundung wichtige Marshallplanabkommen über die ERP-Hilfe. Gegenstand folgender Wirtschaftsverhandlungen waren vornehmlich Eigentumsrechte der französischen Republik, wie beispielsweise die Anteile an der Österreichischen Länderbank (S. 224). Hatte Frankreich politisch nur wenige Eigeninteressen zu vertreten und war es „im militärischen und wirtschaftlichen Bereich aus finanziellen Gründen in der schwächsten Position aller drei Westmächte“ (S. 306), wurde der kulturelle Austausch zwischen Österreich und Frankreich „in ganz hohem Maß gepflogen, wirkte verbindend und war, wie immer wieder betont wird, für beide Teile bereichernd“ (S. 45). Diesen kulturellen Beziehungen, die mit einem am 15. März 1947 Unterzeichneten Kulturabkommen besiegelt und durch die Eröffnung eines französischen Kulturinstitutes am 10. November desselben Jahres in Wien in die Praxis umgesetzt wurden, wird im letzten Kapitel (S. 306-351) genügend Aufmerksamkeit gewidmet. Die Vfn. kommt in der gesamten Studie mit den sensiblen Problemstellungen ausgezeichnet zurecht und beweist viel Einfühlungsvermögen und Liebe zum Detail. Es wird verständlich, daß auf diese Dissertationsergebnisse auch die Recherchen im Rahmen des Österreich Il-Projektes zurückgreifen und aufbauen konnten. Eine Warnung an die Leser: Die Lektüre verlangt wegen der vielen (von der Autorin nicht übersetzten) Originalzitate doch profunde französische Sprachkenntnisse! Manfred Fink (Wien) SAMMELWERKE UND ZEITSCHRIFTEN Erich Zöllner Probleme und Aufgaben der österreichischen Geschichtsforschung. Ausgewählte Aufsätze. Hg. von Heide Dienst und Gemot Heiß. Verlag für Geschichte und Politik, Wien 1984. 458 S. Nach Heinrich Fichtenau hat nun auch Erich Zöllner eine selektive Ausgabe eigener Studien einer ihm gewidmeten Festschrift vorgezogen. In drei große