Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 39. (1986)

FINK, Manfred: Das Archiv der Republik – ein Archiv der Zukunft? Massenschriftgutverwaltung im Österreichischen Staatsarchiv

146 Manfred Fink bislang eingespielten und gewohnten Arbeitsabläufe zu verdrängen und zu ersetzen begannen, um gewisse Leistungen rascher und im Sinne der internen Organisation effizienter, also wirtschaftlicher abzuwickeln. Das Selbstver­ständnis der Verwaltung hat sich demnach doch in Richtung eines modernen und effizienten Dienstleistungsbetriebes hin entwickelt. Unbestritten und vermessen wäre es aber, Methoden und Leistungen nur deswegen in Frage zu stellen oder sogar zu schmälern, weil diese veraltet erscheinen. Im Gegenteil: Neue Methoden oder neue Arbeitstechniken bei­spielsweise der Elektronischen Datenverarbeitung werden kaum auf die Er­fahrungen und Bewährung der alten verzichten können. Doch vor allem Historikern sollte stets'die Tatsache bewußt sein, daß auch handwerkliche Methoden und Arbeitsprozesse an sich einem Wandel unterlie­gen und diese Veränderungen schon gar nicht durch Beharrlichkeit geleugnet oder ignoriert werden können. Das österreichische staatliche Archivwesen befindet sich momentan mitten in einem Gestaltungswandel, der, ausgelöst von der konkreten baulichen Idee eines neuen Zentralarchivs, das gesamte berufliche Umfeld von Fragen der Ausbildung bis zur deklarierten Skepsis allem Neuen gegenüber umspannt. Wenn auch derzeit teils heftige Diskussionen unter der Kollegenschaft und in der Öffentlichkeit die Zweckmäßigkeit des Neubaus in Erdberg zumindest in Frage stellen, darf doch in eigener Sache angemerkt werden, daß das Archiv der Republik/Zwischenarchiv erst dem vollen Umfang seiner Aufgabenstellun­gen wird nachkommen können, wenn ihm die Bestände nicht nur auf dem Papier, sondern auch räumlich unterstellt sind. Für diese neue Archivabteilung ist also der Neubau eine zwingende Notwendigkeit, sozusagen die organisato­rische Lebensgrundlage. Mit den neuen baulichen und technischen Einrichtungen allein werden zwar organisatorische Probleme einmal entschärft, aber nicht a priori gelöst sein. Viele Organisationsabläufe werden neu überdacht und den veränderten Ar­beitsbedingungen anzupassen sein. Ich habe daher in meinen Ausführungen darzulegen versucht, daß das Zwischenarchiv von seiner Konzeption her schon sehr früh wohl durchdacht sein muß, will man nicht neue organisatorische Probleme schaffen. Gerade die Beschäftigung mit einer EDV-Einrichtung, wie sie in einer Kleinform in der Andreasgasse bereits seit Juli 1985 in Betrieb ist, zwingt zur Strukturierung von Arbeitsgängen. Die Hoffnungen, die in den Einsatz dieser modernen Technologien gesetzt werden, können aber auch nur in dem Maße erfüllt werden, als man bereit und in der Lage ist, klare und überschaubare Aufgaben zu formulieren und zu deren Lösungen in positiver Gesinnung beizutragen. Ich habe aber auch folgendes zu zeigen versucht: Will man im Zwischenarchiv nicht nur das Verwahrungsprinzip, sondern festere EDV-unterstützte Arbeits­strukturen im Sinne der stets notwendigen Bestandserschließung eingebaut wissen, werden weite Bereiche der für das Haupt- oder Endarchiv vorgesehe­nen Arbeitsabläufe vorweggenommen oder überflüssig gemacht.

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