Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 38. (1985)
SCHMIDL, Erwin A.: Zur Geschichte der k. (u.) k. Konsularvertretungen im südlichen Afrika bis zum Ersten Weltkrieg
K. u. k. Konsularvertretungen im südlichen Afrika 259 welche sich den englischen Gewohnheiten und Lebensbedingungen angepasst haben und ist der Engländer mit seinen Vorurtheilen nur zu gern bereit, sich über Ausländer lustig zu machen. Während sohin einerseits der Gehrock, Cylinder und Bücklinge nicht am Platze sind, werden andererseits nachlässige Kleidung von den hiesigen Geschäftsleuten sofort als Anzeichen dafür aufgefasst, dass der Geschäftreisende keine erstklassigen Firmen vertritt“ 147). Ramberg kritisierte auch, daß etliche Geschäftsreisende schon bei ihrer ersten Reise mit Frau und Kind erschienen, was die Aussicht auf Vertragsabschlüsse stark reduzierte. Außerdem, so betonte er, müsse man sich im klaren sein, daß „bei der ersten Reise die meisten der Agenten so gut wie keinen Erfolg erzielen werden. Erst später, wenn der Geschäftsreisende als alter Bekannter wiederkehrt, sich an die hiesigen Gebräuche mehr gewohnt hat und überdies auch mehr Verständnis dafür hat, was er den Käufern offeriren sollte, stellt sich der Erfolg ein. Als solches Beispiel darf ich anführen Herrn Alois Ungar, welcher vor mehreren Jahren als Aussendling des Export-Vereins nach Süd-Afrika kam und der jetzt in der hiesigen Geschäftswelt auf das Vortheilhafteste bekannt ist und auch der Vertreter der Firma Gottlieb Taussig (Herr Rudolf Schalk), dessen zweite Reise unvergleichlich bessere Resultate erzielte ..148). Als Beispiel für eine derartige Werbe- bzw. Informationsreise ins südliche Afrika sei jene Dr. Erich Pistors genannt. Dieser war Conzipist der Wiener Handels- und Gewerbekammer und unternahm 1901 eine Informationsreise nach Südafrika, Australien und Ostasien „mit der Aufgabe, sich die Kenntnis aller jener Verhältnisse zu erwerben, welche für die Ausgestaltung der Handelsbeziehungen zwischen Österreich und den zu bereisenden Gebieten relevant sind“. Dr. Pistor verließ Triest am 1. April 1901, um sich vier Wochen in Kapstadt, je eine Woche in Bloemfontein, Pretoria (bzw. Johannesburg), Lourengo Marquez und Durban sowie zwei Wochen in Port Elizabeth aufzuhalten. Mitte Juli sollte die Reise nach Australien fortgesetzt werden. Auf Ersuchen der k. u. k. Botschaft in London wurden die „Governors of the Australasian, South African and Eastern Colonies“ in einem Rundschreiben des Colonial Office angewiesen, den Handelsreisenden weitestgehend zu unterstützen 149). Die österreichisch-ungarischen Konsuln bemühten sich um die Förderung der Exporte nach Afrika, wo es nur ging, und regten auch die Anlage eines Musterlagers österreichischer und ungarischer Produkte an. Während die Importe aus der Donaumonarchie überwiegend aus Emailgeschirr, Spielwaren, Schuhen, billigen Porzellan- und Glaswaren, „gebogenen Möbeln“ 149a) und Kleidern bestanden, sah Vizekonsul Pitner Chancen besonders für 147) Ramberg an MdÄ n. 75 HP, 1902 November 13, Kapstadt: Admin. Reg. F 34/12 Mappe Capland 7. i«) Ebenda. 149) Deym an Foreign Office und Antwortschreiben: 1901 Jänner 10 und Februar 28, London: PRO FO 7/1318. i49a) Diese berühmten Thonet-(Bugholz-)Möbel hießen in Südafrika übrigens noch bis nach dem Zweiten Weltkrieg „Vienna Chairs“. 17*