Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 37. (1984)
MARZAHL, Peter – RABE, Horst – STRATENWERTH, Heide – THOMAS, Christiane: Stückverzeichnis zum Bestand Belgien PA des Haus-, Hof- und Staatsarchivs Wien
Rezensionen 521 bemerkenswerte Versuch A. A. Arkenbouts, das tägliche Leben, oder besser des Lebenshaltung des 1470 gestorbenen holländischen Landadeligen Frank van Borsselen an Hand erhaltener Rechnungsbücher darzustellen. Speise, Trank und Kleidung zählten zu allen Zeiten zu jenen Lebensbereichen, in denen die Sozialstruktur der Gesellschaft besonders deutlich erkennbar wird. Mit der Kochkultur und den Speisegewohnheiten spätmittelalterlicher „Oberschichten“ beschäftigt sich dementsprechend der Aufsatz der Utrechter Professorin Johanna Maria van Winter. Frangoise Piponnier aus Paris legt im folgenden Beitrag ihre Forschungsergebnisse zum adeligen Kostüm im spätmittelalterlichen Frankreich vor. Mit dem wichtigen Thema der adeligen Wohnkultur beschäftigt sich der Artikel von Helmut Stampfer. Der als Konservator am Südtiroler Landesdenkmalamt tätige Autor untersuchte in diesem Zusammenhang vor allem Südtiroler adelige Wohnsitze. Die von Werner Meyer vorgelegte Studie über Landwirtschaftsbetriebe auf mittelalterlichen Burgen komplettiert die Gesamtschau über die spätmittelalterliche adelige Sachkultur. Nach der Lektüre dieses so informative und interessante Einblicke in die adelige Sachkultur des Spätmittelalters bietenden Sammelbandes bleibt dem Rezensenten nur die Hoffnung, daß der sechste Band der Veröffentlichungen des Instituts für mittelalterliche Realienkunde Österreichs nicht zu lange auf sich warten lassen möge. Herbert Haupt (Wien) Spezialforschung und „Gesamtgeschichte“. Beispiele und Methodenfragen zur Geschichte der frühen Neuzeit. Hg. v. Grete Klingenstein und Heinrich Lutz (Wiener Beiträge zur Geschichte der Neuzeit 8). Verlag für Geschichte und Politik, Wien 1981. 335 S., 11 Abb. Die mit einer erstaunlichen Regelmäßigkeit erscheinenden Wiener Beiträge zur Geschichte der Neuzeit greifen auch in ihrem 8. Band wieder ein besonders dankbares Thema auf. Die Uberspezialisierung in der Geschichtswissenschaft ist in den letzten Jahren und Jahrzehnten zu Recht oft beklagt worden, die Forderung nach der „Gesamtgeschichte“, nach der „histoire totale“, nach der integrierenden Zusammenschau möglichst vieler historischer Aspekte und Ebenen, kontrastierend als Postulat und Ideal dagegengestellt worden. Daß „Gesamtgeschichte“ auch heute nicht unbedingt nur eine Utopie sein muß, beweisen, wie mir scheint, gerade die jüngsten Darstellungen des Mitherausgebers Heinrich Lutz sehr eindrücklich, mit dessen Beitrag man im übrigen seiner theoretischen Reflexionen und definitorischen Präzisierungen von „Gesamtgeschichte“ wegen die Lektüre beginnen sollte. Der Band ist in zwei — oder besser sogar: drei — Teile gegliedert, wobei ich freilich die abschließenden Stellungnahmen einiger deutscher und ausländischer Historiker zur Problematik „Spezialforschung - Gesamtgeschichte“ hier nicht weiter referieren will, so anregend sie auch sind. Im ersten Teil werden die Ergebnisse einer „Gruppenarbeit“ vornehmlich jüngerer Wiener Forscher über den niederösterreichischen Adel um 1600 vorgestellt, der Versuch einer Art „Gesamtgeschichte“, der allerdings dann doch in der Aneinanderreihung nur locker miteinander verbundener Einzelstudien stehengeblieben ist, vielleicht auch stehenbleiben mußte, noch nicht zu einer wirklichen Gesamtanalyse der politischen und soziokulturellen Eigenheit dieser sozialen Schicht vor