Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 37. (1984)
SPIELMAN, Danila Cole – THOMAS, Christiane: Quellen zur Jugend Erzherzog Ferdinands I. in Spanien. Bisher unbekannte Briefe Karls V. an seinen Bruder (1514–1517)
Quellen zur Jugend Erzherzog Ferdinands I. 15 Briefen dieselbe Nummer auftreten würde. Mit absoluter Sicherheit ist hier jedoch keine Aussage zu machen58). Der unermüdlich tätige Joseph Knechtl (1771-1838), der zur rechten Hand des Archivdirektors Joseph Hormayr, 1827 zum ersten Archivar und 1834 zum Direktor aufsteigen sollte, trat 1806 in das Archiv ein59) und verfaßte bereits 1813 eine Tabellarische Übersicht des Bestandes . . . des k. k. geheimen Staats-, Hof- und Hausarchivs, dessen erste Sektion das Haus- oder Familienarchiv mit drei Unterabteilungen bildete. In die zweite, die habsburg-österreichische Untergruppe waren die Korrespondenzen Karls V., Ferdinands I. und der österreichischen Herrscher bis Joseph I. eingeteilt. Zwischen 1815—1820 wurde höchstwahrscheinlich von Knechtl ein Verzeichnis hiezu ausgearbeitet, das leider heute verloren ist60), sodaß sich der Aufbau, bzw. das System, das Knechtl zugrundelegte, nur an den als Rückvermerken angebrachten Signaturen, wie eben „No 10 Fase. 2/5“, erahnen läßt. Die Familienkorrespondenz war allerdings nicht aufgeschlüsselt, da die Auflösung der Daten Schwierigkeiten bereitete61). In unserem Fall meisterte Chmel diese Hürde spielend. Anfang des 19. Jahrhunderts befanden sich die Jugendbriefe demnach in Wien, ihr Weg hierher ist - zumindest vorläufig — nicht mit schriftlichen Zeugnissen zu belegen. Ferdinand empfing alle Schreiben seines Bruders noch während seines Aufenthaltes in Spanien62). Mit ihm müssen sie Spanien, zunächst auf der Reise in die Niederlande, verlassen haben, sonst würden wir sie heute in Simancas entdecken. Von den Niederlanden aus sind zwei Varianten für den Zeitpunkt, wann sie in Österreich63) auftauchten, in Erwägung zu ziehen: a) Ferdinand ließ sie in Brüssel zurück, von wo sie mit den anderen sogenannten „Belgien“-Beständen nach dem Zusammenbruch der österreichischen Herrschaft geflüchtet wurden, und b) Ferdinand nahm sie selbst in die Erblande mit. Dabei ist gleichgültig, ob sie in Innsbruck oder Wien landeten, sie würden auf jeden Fall zum ältesten Bestand eines Haus- oder Familienarchivs (abgesehen von den Urkunden) gehören. Wenn ich persönlich Variante b) bevorzuge, so bestimmt nicht aus dem Grund, eine Art Ehrenrettung Ferdinands im Auge zu haben, dem so und so oft - und dies zu Recht - vorgeworfen wird, sorglos mit seinem Schriftgut umgegangen zu sein64). Die Archivalien, die in Brüssel lagerten, wurden Mitte des 18. Jahr58) Es fehlt der Archivbehelf: siehe unten. 59) Gesamtinventar 1 70 ff. 60) Ebenda 2 5. 61) Ebenda. 62) Das letzte Schreiben (fol. 78) ist mit 1517 Oktober 26, Aguilar, datiert; der Ankunftstag Ferdinands in den Niederlanden ist 1518 Juni 17: Bauer Anfänge 62. 63) Bewußt wird vermieden, Wien zu nennen, da ebensogut Innsbruck als Archivort zu berücksichtigen ist. 64) Vgl. zuletzt Christiane Thomas Einleitung. Editionstechnische Bemerkungen in Die Korrespondenz Ferdinands I. 3: Familienkorrespondenz 1531 und 1532, bearb. von Herwig Wolfram und Christiane Thomas (Veröffentlichungen der Kommission für Neuere Geschichte Österreichs 58, Wien 1973/1977/1984) ILff.