Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 36. (1983)

SCHÖDL, Günter: Zur Forschungsdiskussion über alldeutsch-deutschnationale Politik in der Habsburgermonarchie und im Deutschen Reich

376 Günter Schödl nererpartei fern, die seit 1901 — gegen den Protest des schönererkriti- schen Alldeutschen Verbandes (ADV) — für sich die Bezeichnung „all­deutsch“ als Parteinamen beanspruchte. Von dem 1890 in Frankfurt/M entstandenen Alldeutschen Verband, von der 1906 als Organisation der Deutschen in Ungarn gegründeten „Ungarländisch-Deutschen Volkspar­tei“ (UDVP) sowie den erwähnten deutschösterreichischen Parteien und den „Schutzvereinen“ als „deutschnationaler Bewegung“ insgesamt wird im folgenden nur insoweit die Rede sein, als ein Zusammenhang mit den österreichischen Alldeutschen bzw. Schönerianern gegeben ist. Der Begriff „extremer Nationalismus“ dient lediglich als Bezeichnung der Alldeut­schen in Österreich und im Deutschen Reich; er wird nicht auf die übri­gen Richtungen der deutschnationalen bzw. der nationalliberalen Politik angewandt. I Machtpolitische Effektivitätsbeweise des „Systems Bismarck“ und bür­gerlich-liberales Krisenbewußtsein wurden seit den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts als prägende Existenzbedingungen jenes ganz Deutsch­mitteleuropa erfassenden Wandels politischer Kultur wirksam, der so­wohl in Österreich2) als auch im Deutschen Reich 3) seit den ausgehenden 2) Zur innenpolitischen Entwicklung Österreich-Ungarns während der 70er und 80er Jahre als Prägungsphase der deutschnationalen Bewegung siehe — neben der gängigen Handbuch- und der im folgenden noch zu nennenden Spe­zialliteratur — unter anderem Otto Brunner Der österreichisch-ungarische Ausgleich von 1867 und seine geschichtlichen Grundlagen in Südostdeutsches Archiv (= SOdtA) 11 (1968) 15—24; Herbert Matis Österreichs Wirtschaft 1848—1913 (Berlin [W] 1972); William A. J e n k s Austria under the iron ring 1879—1893 (Charlottesville 1965); Brita Skottsberg Der österreichische Parlamentarismus (Göteborg 1940). Wichtige Anregungen für einen Vergleich der innenpolitisch-gesellschaftlichen Entwicklung Mitteleuropas in der Ära von Bismarck, Taaffe und K. Tisza gibt Hans Rosenberg Große Depression und Bismarckzeit (Berlin [W] 1967, Neuauflage Frankfurt—Berlin [W]—Wien 1976) mit kritischer Überprüfung des Schlüsselbegriffs „Große Depression“, S. Xllf. In dieser Hinsicht von Interesse: Robert A. Kann — Friedrich Prinz (Hgg.) Deutschland und Österreich. Ein bilaterales Geschichtsbuch (Wien—München 1980). Zur ungarischen Entwicklung: Die Geschichte Ungarns (Budapest 1971); Friedrich G o 11 a s Ungarn im Zeitalter des Hochliberalismus. Studien zur Tisza-Ära (1875—1890) (Wien 1976); Magyarország története 1848—1890. Fősz: Endre Sz. Kovács—László Katus (= Magyarország története 6, in 2 Teilen, Budapest 1979). 3) Aus der umfangreichen Literatur über die Entwicklung des .Systems Bismarck“ seien hier lediglich einige neuere Titel herausgegriffen: Rosen­berg Große Depression; Hans-Ulrich W e h 1 e r Bismarck und der Imperia­lismus (Köln 1969, ^1976); Michael Stürmer Regierung und Reichstag im Bismarckstaat 1871—1880. Cäsarismus oder Parlamentarismus (Düsseldorf 1974); Helmut Böhme Deutschlands Weg zur Großmacht. Studien zum Verhältnis von Wirtschaft und Staat während der Reichsgründungszeit 1848—1881 (Köln 1966, 21972). — Fortlaufende Bilanzierung der Fachdiskussion über das Kaiser­reich in zahlreichen Beiträgen der Zeitschrift Geschichte und Gesellschaft (- GG) ab 1 (1975), Göttingen.

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