Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 36. (1983)
DIRNBERGER, Franz: Theaterzensur im Zwielicht der Gesetze (1918–1926)
Theaterzensur im Zwielicht der Gesetze 239 gungen erteilte, läßt sich aktenmäßig nicht feststellen. Laube genoß unter ihm eine gewisse Selbständigkeit. Der neue Oberstkämmerer und oberste Hoftheaterdirektor, Vincenz Carl Fürst Auersperg, hatte auf kaiserlichen Befehl auf größtmögliche Sparsamkeit bei den Hoftheatern zu achten. Dies führte zu einer stärkeren Einflußnahme auf die Geschäftsführung der Hoftheater und in der Folge zur Ausstellung einer neuen Dienstinstruktion für den Hofburgtheaterdirektor Laube 10 *). Nun wurde auch die Frage der Aufführungsbewilligung näher umschrieben 11). Der artistische Direktor hatte die einlangenden Manuskripte zu sammeln und daraus jene auszuwählen, welche nach seiner Überzeugung zur Aufführung auf der kaiserlichen Bühne geeignet waren. Nach eventuell notwendigen Rücksprachen mit den Autoren wegen allfälliger Änderungen hatte der Direktor die betreffenden Stücke der obersten Hoftheaterdirektion unter Angabe des Autors (bei Übersetzungen des Übersetzers) und der Besetzung in den Hauptrollen vorzulegen. „Jene Stellen, welche etwa gegen Politik, Religion oder Sittlichkeit verstoßen, wird der Director zur Erleichterung der hierämtlichen Revision gleich selbst wegstreichen. Desgleichen behält sich die oberste Hoftheaterdirektion vor, allfällig Anstößiges in Bezug auf Inszenesetzung und Ausstattung zu untersagen“. Bei der Errichtung der Generalintendanz der Hoftheater 1867 übertrug Kaiser Franz Joseph die „Zensur“ an den Hoftheatern „dem betreffenden Ministerium“12). Später erhielten die Generalintendanten vom Kaiser die Hoftheaterzensur ad personam übertragen. Da sie die Ausübung dieser Befugnis ablehnten, betraute das Obersthofmeisteramt, das ab 1867 wieder oberste Hoftheaterdirektion wurde, das Literarische Büro des Ministeriums des Äußern und des kaiserlichen Hauses mit dieser Aufgabe. Als Kaiser Karl im Sommer 1918 Baron Andrian-Werburg zum Generalintendanten der Hoftheater ernannte, übertrag er ihm die Hoftheaterzensur wieder ad personam. Baron Andrian übte dieses Amt auch aus, allerdings sehr großzügig. Mit seinem Ausscheiden Mitte November 1918 erlosch die behördliche Zensur an den Hoftheatern. Entsprechend dem damaligen Sendungsbewußtsein und dem Festhalten an der Tradition blieben die bisherigen Beschränkungen bei den ehemaligen Hoftheatem selbstverständlich weiterhin in Kraft, wenigstens in den Grundzügen. Eine der Maßnahmen, welche die hofärarische Verwaltung am Beginn der Republik ergriff, war die teilweise Einstellung der bisherigen Hofio) Gl ZI. 2069 ex 1864. i!) Die hier beschriebene Vorgangsweise entsprach in etwa derjenigen zwischen Franz von Holbein als Hofburgtheaterdirektor und dem Oberstkämmerer und obersten Hoftheaterdirektor Moritz Graf Dietrichstein in den Jahren 1845 bis 1848. i2) Zu dieser Problematik siehe Dirnberger Konflikte 261 f (mit Quellennachweis zu den folgenden Ausführungen).