Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 36. (1983)
LUTTENBERGER, Albrecht: Landfriedensbund und Reichsexekution. 2. Zur politischen Vorgeschichte des Frankfurter Reichskreistages vom Oktober/November 1554
Landfriedensbund und Reichsexekution 15 der König vorab in abwartender Reserve und konzentrierte sich ähnlich wie der Heidelberger Bund bis in den Mai 1554 vornehmlich auf den Aspekt territorialer Sicherheit und Stabilität. Erst im Juni geriet in die allgemeine Stagnation Bewegung. Zweierlei trug dazu bei: Zum einen korrigierte der Kaiser, der auf den Bruchsaler Appell der Heidelberger Verbündeten mit dem allgemeinen Hinweis auf den Reichstag48) und auf die Mahnung der fränkischen Einung, zum fränkischen Konflikt nun endlich eindeutig Stellung zu nehmen und den Kreisen die Exekution zu befehlen, noch am 12. Mai ausweichend geantwortet hatte49), in der zweiten Maihälfte seine bisherige Haltung. Mit Mandaten vom 18. und 27. Mai wies der Kaiser die Kreise zur Exekution der Acht gegen den Markgrafen an 50). Am zweiten Juni forderte er die Kreise auf, die fränkische Einung, weil die Zeit zu umständlichen Kreisverhandlungen fehle, unverzüglich mit Kontributionen zu unterstützen, die aus einer auf dem Reichstag zu beschließenden Reichshilfe zurückerstattet bzw. mit dieser verrechnet werden sollten51). Der Grund für diese Wende lag in der zwischenzeitlich erlangten Gewißheit, daß der Markgraf wieder in französische Dienste getreten war, nicht etwa in der Bereitschaft, die Wiederherstellung des Friedens und der Ordnung im Reich nun mit vollem Engagement in die Hand zu nehmen. Zum anderen sah sich Herzog Christoph von Württemberg wegen der Gefährdung Triers durch französische Operationen und durch die akute Sorge, durch den fränkischen Krieg könnten andere Regionen, insbesondere Schwaben, nachhaltig in Mitleidenschaft gezogen werden, veranlaßt, einen Bundestag auszuschreiben, da mit der Verschiebung des Reichstages die Aussicht geschwunden war, in absehbarer Zeit auf Reichsebene das Pazifikations- problem anzugehen 52). Während in württembergischer, auch pfälzischer Sicht unter den gegebenen Umständen das eigene territoriale Sicherheitsinteresse eindeutigen Vorrang für die Bundespolitik haben sollte, der Bund also lediglich als Defensivorganisation gefordert schien, mochten Bayern und König Ferdinand diese Betrachtungsweise nicht als bundespolitische Hauptmaxime gelten lassen und stellten damit letztlich die Verläßlichkeit der Bundesdefensive in Frage 53). Die Behauptung, von den siegreichen Truppen der 48) Vgl. Ernst Briefwechsel 2 455—460 n. 554, hier 459 f. 49) Fränkische Verbündete an Karl V., 1554 April 28: HSTA München Kasten schwarz 4214 fol. 389—395 und Karl V. an die fränkischen Verbündeten, 1554 Mai 12 Brüssel: ebenda fol. 490—491 v. 50) Vgl. Laufs Der schwäbische Kreis 241. 51) Ebenda 241; Karl V. an Kurfürst Sebastian von Mainz, 1554 Juni 2 Brüssel: HSTA München Kasten schwarz 5186 fol. 36 rv und dsbe an den Herzog von Jülich und den Bischof von Münster, 1554 Juni 2 Brüssel: ebenda fol. 145— 146 v. 52) Vgl. Sicken Der Heidelberger Verein 393—396. 53) Ebenda 393—399; die endgültige Instruktion König Ferdinands für seine Gesandten zum Wormser Bundestag, 1554 Mai 30 Wien: HHSTA RK Reichs-