Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 35. (1982)

LUTTENBERGER, Albrecht: Landfriedensbund und Reichsexekution. Friedenssicherung und Bündnispolitik 1552/1553

10 Albrecht Luttenberger dabei mit keinem Wort die Rede24). Dies ist um so auffälliger, als gerade Karl V. darauf zur Bekräftigung des eigenen Führungsanspruches gerne Be­zug nahm. Nun war mit diesem Verzicht die eigene friedenspolitische Ver­antwortung des Königs/Kaisers nicht eben negiert. Aber sie ließ sich inner­halb des verwendeten Reichsbegriffes nur als allgemeine, lediglich fallweise aktivierbare, wohl auch kontrollierende Führungskompetenz, aber eben nicht in einer durchweg unmittelbar exekutiven Rolle vorstellen. Die alltäglich ab­rufbare Verantwortung für die praktische Friedenssicherung ruhte auf dem „corpus“. Damit sollte nachgewiesen sein, daß z. B. die Fürsten nicht befugt waren, im Vertrauen auf die eigene Macht aus der kollektiven Solidaritäts­pflicht auszuscheren. Nimmt man hinzu, daß im gleichen Zusammenhang die Gefahr einer Unterdrückung und Mediatisierung der Mindermächtigen be­schrieben wurde, so wird die Zielrichtung der kaiserlichen Argumentation hinreichend deutlich. Einerseits war Karl außerstande bzw. nicht gewillt, die Hauptlast der Friedenssicherung im Reich aus den Machtmitteln seiner Erb­lande zu tragen. Andererseits durfte dies nicht zur Verschiebung der Herr­schaftsstrukturen im Reich, die zugunsten der Fürsten ausfallen mußte, füh­ren, d. h. dies durfte nicht die Stütze gefährden, die die habsburgische Poli­tik bei den Mindermächtigen notfalls finden konnte. Die Landfriedenssiche­rung war also so zu organisieren, daß die Macht der Fürsten im Zusammen­spiel mit anderen ständischen Gruppierungen ohne eigenes machtpolitisches Risiko unter Kontrolle gehalten werden konnte. Das Modell des schwäbi­schen Bundes schien dazu geeignet. Begreift man den kaiserlichen Bundesplan vom Herbst 1552 im beschriebe­nen Sinne, nämlich als Versuch, möglichst ohne hohen Einsatz die Befrie­dung des Reiches zu sichern und gleichzeitig ein unverzichtbares Maß an Einfluß zu bewahren, so wirkt das zur Herstellung eben dieser Balance An­fang 1553 gewählte Verfahren durchaus plausibel. Die kaiserliche Regierung ging davon aus, daß das Sicherheitsdefizit, das aus der praktischen Wir­kungslosigkeit des Landfriedens herrührte, den geistlichen und mindermäch­tigen Ständen im Laufe des letzten Jahres besonders schmerzlich bewußt geworden war25). Sie glaubte zudem, darauf bauen zu können, daß sich das territoriale Sicherheitsinteresse dieser und der übrigen Stände mühelos im gewünschten Sinne aktivieren lasse. Eben deshalb wirkte die kühle und di­stanzierte Reaktion der Kurfürsten von Mainz und von der Pfalz sichtlich ir­ritierend26), freilich nur vorübergehend. Man entschloß sich in Anlehnung an eine Empfehlung Ferdinands zu einer Beschränkung des Bundesplanes auf die Stände des schwäbischen und bayerischen Kreises, wozu im übrigen Bay­ern schon früher geraten hatte27). Die zur Einleitung von Bundesverhandlun­24) Vgl. die Instruktion Karls V. für Georg Spät zur Werbung bei Herzog Albrecht von Bayern [1552 Ende November]: HSTA München Kasten schwarz 5180 fol. 58-62. 25) Vgl. Druffel Beiträge 2 825f n. 1843. 26) Vgl. Karl V. an König Ferdinand, 1553 Januar 7 Diedenhofen: HHSTA RK Reichsakten in genere 17 fol. 1 rv. 27) Vgl. Lutz Christianitas afßicta 117 und 185f; außerdem Druffel Beiträge 4

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