Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 35. (1982)

WEILING, Franz: Die philosophische Lehranstalt in Brünn (1808–1849) und die österreichische Bildungspolitik jener Zeit. Ihre Bedeutung für die Entdeckertätigkeit Johann Gregor Mendels

Die Philosophische Lehranstalt in Brünn (1808—1849) 111 bei vornehmlich auf Akten der Studien-Hofkommission (StHK) in Wien, der damals zentralen österreichischen Unterrichtsbehörde, die einzusehen ich in den letzten Jahren Gelegenheit hatte, wofür den zuständigen Stellen des österreichischen Staatsarchivs, Abt. Allgemeines Verwaltungsarchiv (AVA), auch an dieser Stelle gedankt sei. I Um Söhnen der Landbevölkerung den Zugang zum geistlichen Stand zu er­leichtern, hatte die österreichische Hofkanzlei auf Anordnung von Kaiser Franz II. im Jahre 1802 verfügt: „. . . wird das phüosophische Studium hier und da, besonders wo ein Gymnasium und bischöfliches Priesterhaus zugleich bestehet, unter der unmittelbaren Aufsicht des Bi­schofs und der mittelbaren der Landesstelle errichtet werden, wobei die in der Diöces befindlichen Ordensstifter die neuen phüosophischen Lehrkanzeln unentgeldlich zu übernehmen und mit geprüften Lehrern aus ihren Mitteln zu besetzen keinen Anstand nehmen können; ..2). Das 1777 von Papst Pius VI. auf Ersuchen der Kaiserin Maria Theresia er­richtete Bistum Brünn konnte zum 1. November 1807 ein eigenes Priester­haus (Theologische Lehranstalt) eröffnen. Ein staatliches Gymnasium, her­vorgegangen aus einem 1630 gegründeten Jesuiten-Kolleg3), bestand eben­falls in Brünn. Damit sah eine Gruppe Brünner Bürger eine erfolgverspre­chende Gelegenheit gekommen, unter Berufung auf die eben zitierte Verfü­gung über den in Brünn residierenden kaiserlichen Gouverneur von Mähren um die Errichtung einer Philosophischen Lehranstalt nachzusuchen. Als Aufgabe dieser neuen Lehranstalt wurde nicht nur die philosophische Aus­bildung der späteren Theologen angeführt, sondern überdies darauf verwie­sen, daß diese unmittelbar dem Bischof und mittelbar dem Landesgouver­neur unterstellte Anstalt der Jugend allgemein und insbesondere talentvollen Kindern der ärmeren Bürgerklasse zum Vorteil gereichen werde. Auch seien die Vorsteher der drei Ordensstifte der Diözese bereit, die erforderlichen Lehrkräfte zu stellen3“). Zwar erwies sich diese letzte Angabe als nicht zu­treffend. Wie die bischöfliche Behörde alsbald feststellte, verfügte keines der drei mährischen Ordensstifte, weder die Benediktinerabtei Raigern (Rajhrad), noch die Prämonstratenserabtei Neureisch (Nova Rise), noch schließlich das Augustinerstift in Altbrünn (Staré Brno), über eine für diesen Zweck geeig­nete Kraft. Die gleiche Feststellung ergab sich für das Minoritenkloster in 2) Wilhelm Unger Systematische Darstellung der Gesetze über die höheren Stu­dien in den gesamten deutsch-italienischen Provinzen der österreichischen Monarchie 2 (Wien 1840) 538. 3) Historisch-statistischer Überblick des k. k. Gymnasiums in Brünn von 1630-1850 in Erstes Programm des vereinigten k. k. Gymnasiums in Brünn, hg. v. Philipp Ga­briel (Brünn 1850) 19f. 3a) Schreiben des Landesgouverneurs von Brünn 1807 Oktober 30: StHK 372 ZI. 24444/1807 auch für das folgende.

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