Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 34. (1981)

DIENST, Heide: Niederösterreichische Pfarren im Spannungsfeld zwischen Bischof und Markgraf nach dem Ende des Investiturstreites

Niederösterreichische Pfarren im Spannungsfeld zwischen Bischof und Markgraf 3 Großrußbach, Mistelbach, Falkenstein, Oberleis, Meisling, Weitersfeld, Pul- kau und Alland zugunsten des Bischofs verzichtet habe. Aufgrund der Tatsache, daß von derselben Hand eine im gleichen Zeitraum in Mautem für das Kloster Michaelbeuem ausgestellte Urkunde geschrieben worden ist, hat Lothar Groß als Schreiber einen Passauer Notar angenom­men, den einzigen, der sich während der siebzehnjährigen Amtszeit des Bi­schofs aufspüren ließ7). Man darf annehmen, daß Bischof Reginmar, der bis­her meist nur in Angelegenheiten des passauischen Eigenklosters Göttweig in der Mark auf Taidingen des Markgrafen in Erscheinung getreten war8), im Herbst 1135 eine regelrechte Reise in Zehentangelegenheiten unternommen hat. Allem Anschein nach wurde die Urkunde für Michaelbeuern früher aus­gestellt, da eine Reise donauabwärts innerhalb der nicht allzu langen Zeit wahrscheinlicher ist als die beschwerliche Fahrt flußaufwärts. Darin bestä­tigt Bischof Reginmar dem Kloster die Überlassung des ganzen Zehents der ihm hiemit inkorporierten Pfarre Seewalchen, damit dort ein Priester, sitt­lich wie bildungsmäßig geeignet („moribus et scientia effulgens“), die Seel­sorge übernehme. Als Entschädigung wurden der bischöflichen Kirche zwei Höfe in Totzenbach (bei Neulengbach?) übertragen. Neben der Schrift ist beiden Urkunden auch die Eigenart der Datierung ge­meinsam: Es werden „anni imperii“ des Kaisers Lothar angegeben, tatsäch­lich gezählt wurden aber die „anni regni“; ferner der Inhalt (Regelung von Zehentangelegenheiten) und die Wortwahl, die betont, daß die Vorgangs­weise streng nach kirchlichen Rechtsvorschriften („legitime et canonice“) er­folgt sei9). Identisch ist ferner eine Anzahl der Zeugen. Anders als in der 7) Die meisten der insgesamt elf überlieferten Reginmar-Urkunden, wovon zwei als Fälschungen ausscheiden, wurden von Groß Urkundenwesen 505-526 mit Tabelle 643 als Empfängerausfertigungen charakterisiert, über den bischöflichen Schreiber Ra I. 527f; vgl. die Schriftproben im Anhang dieser Arbeit. Es ist nicht ganz auszuschließen, daß der Mann, dem der (Neu?)Beginn des Klostemeuburger Traditionscodex (heute fol. 9r sqq) zu verdanken ist, diese Urkunde kannte; auf die Schrift werde ich in der Ein­leitung zu der Neuedition des genannten Codex näher eingehen. Druck der Urkunde für Michaelbeuem: UBoE 2 n. 118. Zum Passauer Besitz in Totzenbach vgl. Adam Maidhof Die Passauer Urbare 1 (Passau 1933) 335. 8) Wahrscheinlich hat der Bischof gleich nach seiner Amtsübernahme eine Visita­tionsreise in den Osten angetreten; vermutlich 1122 nahm er an einem placitum des Markgrafen teil (FRA 2/69 n. 188), bei derselben Gelegenheit kann auch der Tausch FRA 2/69 n. 225 stattgefunden haben. Die nächsten Nennungen beziehen sich auf die Teilnahme an einem „generale colloquium“ des Markgrafen, aller Wahrscheinlichkeit nach 1133 (FRA 2/69 nn. 243, 329). Vermutlich ist dabei auch über die Regulierung Klosterneuburgs verhandelt worden; vgl. unten S. 40. FRA 2/69 nn. 226/27 möchte ich zu 1135 datieren und auf die Versammlung in Mautern beziehen, da auch hier der Vogt von Michaelbeuem, Konrad von Peüstein, als Zeuge aufscheint. Über Reginmars Aktivitäten in Pfarrangelegenheiten vgl. unten Anm. 35-36. 9) Mautern: „.. . facta legitima transmutatione, . . . legitime et canonice delegavit“; Greifenstein: „sanctorum institutiones patrum infirmando et iudicia eorum retrac­tando .............facta legitima et canonica transmutatione, . . . facultates . . . studens ca­n onice multiplicare .. .“; in beiden Fällen wird auch auf die Zustimmung von Klerus und Volk Wert gelegt (Mautem: „consensu cleri sui et devotione populi“, Greifenstein: i'

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